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Ergänzungsvertrag zum Vertrag der Katholischen Bistümer in Hessen mit dem Lande Hessen

Staatskirchenrechtliche Vereinbarung vom 29. März 1974

in: GVBl. Hessen S. 389; KA 117 (1974) 155-158, Nr. 290

Der Vertrag zur Ergänzung des Vertrages des Landes Hessen mit den katholischen Bistümern in Hessen vom 29. März 1974 (GVBl I S. 389) ist am 16. Oktober 1974 in Kraft getreten, nachdem das Land Hessen und die Apostolische Nuntiatur in Bonn-Bad Godesberg im Namen des Heiligen Stuhles die in Art. 13 des Vertrages vorgesehene Zustimmung zu dem Vertragsinhalt durch einen Notenwechsel erklärt haben.
Zwischen den Bistümern Fulda, Limburg und Mainz sowie dem Erzbistum Paderborn, vertreten durch die zuständigen Ordinarien, einerseits und dem Land Hessen, gesetzlich vertreten durch den Ministerpräsident, andererseits wird mit Zustimmung des Heiligen Stuhles in Ergänzung des Vertrages der Katholischen Bistümer in Hessen mit dem Lande Hessen vom 9. März 1963 folgender Vertrag geschlossen:
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Artikel 1

( 1 ) Die Bistümer, die Bischöflichen Stühle, die Domkapitel, die Kirchengemeinden sowie die aus diesen Kirchengemeinden gebildeten Gesamtverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.
( 2 ) Ihr Dienst ist öffentlicher Dienst.
( 3 ) Die selbständigen kirchlichen Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden in ihrer Rechtsstellung anerkannt.
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Artikel 2

( 1 ) Die Bistümer werden Beschlüsse über Errichtung und Veränderung von kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts dem Kultusminister mitteilen und eine Ausfertigung der Organisationsurkunde vorlegen.
( 2 ) Die kirchlichen Körperschaften erlangen die Rechtsfähigkeit mit ihrer Errichtung durch den jeweils zuständigen Diözesanbischof. Die Errichtungsurkunde ist im Staatsanzeiger für das Land Hessen zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung wird auf Ersuchen des zuständigen Bistums durch den Kultusminister veranlasst. Entsprechendes gilt für die Umwandlung, Zusammenlegung und Aufhebung dieser Körperschaften.
( 3 ) Das Land wirkt bei der Bildung und Veränderung kirchlicher Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit nach Richtlinien mit, die mit den Bistümern vereinbart werden. Im übrigen bleiben die Bestimmungen des Hessischen Stiftungsgesetzes vom 4. April 1966 (GVBl. I S. 77), geändert durch Gesetz vom 23. Mai 1973 (GVBl. I S. 161), unberührt.
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Artikel 3

( 1 ) Die staatlichen Bestimmungen über die Vermögensverwaltung und die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden durch kirchliche Rechtsetzung abgelöst. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der kirchlichen Bestimmungen wird das Land Hessen die entsprechenden staatlichen Vorschriften aufheben.
( 2 ) Bis zum Inkrafttreten der kirchlichen Vorschriften gemäß Absatz 1 bleiben die derzeit geltenden Vorschriften mit Ausnahme der Bestimmungen über staatliche Aufsichts-, Mitwirkungs- oder Genehmigungsrechte in Kraft. Die Aufsichts-, Mitwirkungs- und Genehmigungsbestimmungen entfallen mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages.
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Artikel 4

( 1 ) Die Vorschriften der Bistümer über die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, selbständigen Anstalten und selbständigen Stiftungen des öffentlichen Rechts werden dem Kultusminister vor ihrem Erlass vorgelegt. Die Vorschriften werden eine geordnete Vertretung der Institutionen gewährleisten.
( 2 ) Der Kultusminister kann Einspruch erheben, wenn eine ordnungsgemäße vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet erscheint. Der Einspruch ist bis zum Ablauf eines Monats seit der Vorlage zulässig. Die Bistümer sind bei Einspruch des Kultusministers gehalten, die betreffende Vorschrift zu überprüfen.
( 3 ) Die kirchlichen Bestimmungen über die vermögensrechtliche Vertretung der in Absatz 1 genannten Institutionen werden im Staatsanzeiger für das Land Hessen und in den Amtsblättern der Bistümer veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung im Staatsanzeiger wird auf Ersuchen des zuständigen Bistums durch den Kultusminister veranlasst. Das gleiche gilt für die Bestimmungen über einen Genehmigungsvorbehalt von kirchlichen Oberbehörden und andere Vorschriften des kirchlichen Vermögensverwaltungsrechtes, deren Veröffentlichung der Sicherheit im Rechtsverkehr dient.
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Artikel 5

( 1 ) Den Bistümern und Kirchengemeinden (Gesamtverbänden) sowie den kirchlichen Anstalten und Stiftungen werden ihr Eigentum und andere Rechte an ihrem Vermögen im Umfange des Artikels 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 2 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 gewährleistet.
( 2 ) Die Landesbehörden werden bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften auf die kirchlichen Belange Rücksicht nehmen. Beabsichtigen kirchliche Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen in Fällen der Enteignung oder der Veräußerung kirchlicher Grundstücke gleichwertige Ersatzgrundstücke zu erwerben, werden die Landesbehörden ihnen bei der Erteilung von Genehmigungen, die nach besonderen Vorschriften des Grundstücksverkehrs vorgesehen sind, im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen entgegenkommen.
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Artikel 6

( 1 ) Die Bistümer und Kirchengemeinden (Gesamtverbände) sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen auf Grund von Steuerordnungen Kirchensteuern, insbesondere auch Kirchgeld, zu erheben. Die Kirchensteuerordnung und ihre Änderungen und Ergänzungen sowie die Beschlüsse über die Kirchensteuersätze bedürfen der staatlichen Genehmigung.
( 2 ) Die Bistümer werden sich bei der Gestaltung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) und zur Vermögensteuer über einen einheitlichen Zuschlag und bei der Erhebung eines Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe über eine einheitliche Bemessung verständigen.
( 3 ) Die Beschlüsse über die Kirchensteuersätze gelten als genehmigt, wenn sie den Bedingungen entsprechen, die mit den Bistümern vereinbart werden. Soweit die Kirchensteuer als einheitlicher Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) oder als Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe erhoben wird, werden die Bistümer ihre Beschlüsse über die Kirchensteuersätze dem Kultusminister anzeigen.
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Artikel 7

( 1 ) Auf Antrag der Bistümer ist die Verwaltung der Kirchensteuern, die in Zuschlägen zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) und zur Vermögensteuer bestehen, sowie die Verwaltung des Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe den Finanzämtern zu übertragen. Soweit die Einkommensteuer durch Steuerabzug vom Arbeitslohn in hessischen Betriebsstätten erhoben wird, sind die Arbeitgeber zu verpflichten, auch die Kirchensteuer nach dem genehmigten Steuersatz einzubehalten und abzuführen. Das Land erhält als Entschädigung für die Verwaltung der Kirchensteuer einen Vomhundertsatz des durch die Finanzkassen vereinnahmten Aufkommens, der zwischen den Vertragschließenden zu vereinbaren ist. Die Finanzämter erteilen den von den Bistümern genannten Stellen Auskunft über die ihrer Verwaltung übertragenen Kirchensteuern.
( 2 ) Die Vollstreckung der Kirchensteuer wird auf Antrag der Bistümer den Finanzämtern oder, wenn die Gemeinden (Kreise) zustimmen, diesen übertragen.
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Artikel 8

Die Bistümer und die Kirchengemeinden (Gesamtverbände) sind berechtigt, von ihren Angehörigen freiwillige Gaben für kirchliche Zwecke zu sammeln.
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Artikel 9

Auf Landesrecht beruhende Gebührenbefreiungen für das Land gelten auch für die Bistümer und ihre Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Weitergehende Gebührenbefreiungen nach dem Hessischen Justizkostengesetz vom 15. Mai 1958 (GVBl. S. 60) in der jeweils geltenden Fassung bleiben aufrechterhalten.
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Artikel 10

( 1 ) Im Bereich der Universitäten und Gesamthochschulen des Landes Hessen wird im Rahmen des Studiums zur Erlangung der Befähigung zum Lehramt die wissenschaftliche Vorbildung in katholischer Theologie und Religionspädagogik gewährleistet. Für die Berufung der im Rahmen des Studiums zur Erlangung der Lehrbefähigung für katholischen Religionsunterricht hauptamtlich tätigen Professoren und Dozenten bleibt es hinsichtlich der Mitwirkung des zuständigen Diözesanbischofs bei der derzeitigen Rechtslage. Diese Regelung gilt bei der Erteilung von Lehraufträgen und bei der Wahrnehmung selbständiger Lehraufgaben durch wissenschaftliche Bedienstete entsprechend. Der Wechsel von dem Fachbereich für Religionswissenschaften einer Universität oder Gesamthochschule des Landes zu einem gleichen Fachbereich einer anderen Universität oder Gesamthochschule gilt nicht als Anstellung im Sinne dieser Bestimmung.
( 2 ) Bei der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt ist zu der mündlichen Prüfung in katholischer Religion ein Vertreter des zuständigen Bischofs vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses einzuladen. Die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht wird vom Staat erteilt. Zur Erteilung des Religionsunterrichts sind die Lehrer jedoch erst berechtigt, wenn sie die Bevollmächtigung des Bischofs erhalten haben. Widerruft der Bischof die Bevollmächtigung, so endet die Berechtigung, Religionsunterricht zu erteilen.
( 3 ) Bei der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt wird gewährleistet, dass bei dem Prüfungsgespräch über das Fach Katholische Religion der Prüfende außer der Lehrbefähigung für Katholische Religion auch die kirchliche Bevollmächtigung besitzt.
( 4 ) Für Erweiterungs-, Ergänzungs- und Zusatzprüfungen gilt Absatz 2 sinngemäß.
( 5 ) Die Studien- und Prüfungsordnungen für das Fach Katholische Religion an allen Schulformen und -stufen werden mit dem Ziel einer freundschaftlichen Verständigung im Benehmen mit den Bistümern aufgestellt.
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Artikel 11

Die Landesregierung und die Bistümer werden zur Pflege ihrer Beziehungen regelmäßige Begegnungen anstreben. Sie werden sich vor der Regelung von Angelegenheiten, die die beiderseitigen Interessen berühren, miteinander ins Benehmen setzen und sich jederzeit zur Besprechung solcher Fragen zur Verfügung stellen.
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Artikel 12

Die Vertragschließenden werden eine etwa in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen.
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Artikel 13

Dieser Vertrag tritt in Kraft, wenn das Land Hessen und die Apostolische Nuntiatur in Bonn-Bad Godesberg im Namen des Heiligen Stuhles ihre Zustimmung zu dem Vertragsinhalt durch einen Notenwechsel erklärt haben.
Zu Urkund dessen ist dieser Vertrag in fünffacher Urschrift unterzeichnet worden.
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Schlussprotokoll

Bei der Unterzeichnung des am heutigen Tage geschlossenen Vertrages der Bistümer Fulda, Limburg und Mainz sowie des Erzbistums Paderborn mit dem Lande Hessen sind folgende übereinstimmende Erklärungen abgegeben worden, die einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bilden:
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Zu Artikel 1 Absatz 2:

Als öffentlicher Dienst bleibt der kirchliche Dienst im bisherigen Umfange anerkannt.
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Zu Artikel 3:

( 1 ) Die Mitwirkungs- und Genehmigungsbestimmungen entfallen nicht, soweit sich derartige Bestimmungen aus für alle geltenden Gesetzen oder Verordnungen ergeben. Dies gilt insbesondere für Bestimmungen auf den Gebieten des Rechts der Denkmalpflege, des Denkmalschutzes und des Friedhofsrechts.
( 2 ) Artikel V des Vertrages des Landes Hessen mit den Katholischen Bistümern in Hessen vom 9. März 1963 bleibt unberührt.
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Zu Artikel 6 Absatz 1:

Das Genehmigungsverfahren richtet sich vorbehaltlich späterer anderweitiger gesetzlicher Regelung nach den Vorschriften des Hessischen Kirchensteuergesetzes in der Fassung vom 25. September 1968 (GVBl. I S. 268), geändert durch Gesetz vom 5. Oktober 1970 (GVBl. I S. 598), und der Verordnung zur Durchführung des Kirchensteuergesetzes vom 23. November 1968 (GVBl. I S. 291).
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Zu Artikel 6 Absatz 3:

( 1 ) Ein Diözesan- oder Ortskirchensteuerbeschluss, durch den die Steuer als einheitlicher Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) erhoben wird, gilt als genehmigt, wenn der Zuschlag den im Vorjahr erhobenen Hundertsatz nicht übersteigt.
( 2 ) Ein Diözesan- oder Ortskirchensteuerbeschluss, durch den die Steuer als gleichmäßiger Zuschlag zu den Messbeträgen der Grundsteuer bemessen wird, gilt als genehmigt, wenn der Zuschlag als Diözesansteuer und Ortskirchensteuer insgesamt 20 v. H. der Messbeträge oder den im Vorjahr erhobenen Hundertsatz nicht übersteigt. Ändern sich die Messzahlen der Grundsteuer von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, so ist der allgemein genehmigte Kirchensteuersatz im Einvernehmen zwischen den Bistümern und dem Kultusminister den veränderten Verhältnissen anzupassen. Das gleiche gilt, wenn sich, z. B. durch eine neue Bewertung des Grundbesitzes, die Besteuerungsgrundlage dieser Steuer wesentlich ändert.
( 3 ) Ein Diözesan- oder Ortskirchensteuerbeschluss, durch den die Erhebung eines Kirchgeldes bestimmt wird, gilt als genehmigt, wenn das Kirchgeld sich in einem Rahmen hält, der zwischen dem Kultusminister und den Bistümern vereinbart wird.
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Zu Artikel 7 Absatz 1:

( 1 ) Die Unterlagen, deren die Bistümer und Kirchengemeinden (Gesamtverbände) aus steuerlichen Gründen bedürfen (einschließlich der Angaben über die Konfessionszugehörigkeit), sind ihnen auf Anforderung von den zuständigen Landes- und Gemeindebehörden mitzuteilen. Die zuständigen Landes- und Gemeindebehörden sind insoweit zur Mitteilung befugt.
( 2 ) Für die Mitteilung der Besteuerungsunterlagen sind folgende Verfahren vorgesehen:
    1. Soweit Besteuerungsunterlagen im maschinellen Verfahren gewonnen werden, werden sie den von den Bistümern beauftragten Stellen auf maschinenlesbaren Datenträgern mitgeteilt. Die beauftragten Stellen sind verpflichtet, die Daten nur an die jeweils Berechtigten weiterzugeben bzw. für die jeweils Berechtigten zu verarbeiten.
    2. Soweit die Besteuerungsunterlagen im manuellen Verfahren gewonnen werden, erteilen die Finanzämter die für die Durchführung der Besteuerung erforderlichen Auskünfte an die Berechtigten.
  1. Die von den Bistümern benannten Stellen erhalten Einsicht in die Veranlagungskartei (V-Kartei) und in die Lohnsteuerkarten.
  2. Das Steuergeheimnis ist zu wahren.
( 3 ) Die Gemeindebehörden verfahren für ihre Steuern entsprechend.
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Zu Artikel 7 Absatz 2:

Die Vollstreckungsmöglichkeit durch die Gemeinden und Kreise steht unter dem Vorbehalt einer entsprechenden Bestimmung des Hessischen Kirchensteuergesetzes.
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Zu Artikel 10 [auf Abdruck wurde verzichtet]

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Zu Artikel 12:

Falls das Land in einer Vereinbarung den Evangelischen Landeskirchen über den vorliegenden Vertrag hinausgehende weitere oder andere Rechte oder Leistungen gewähren sollte, wird es den Inhalt dieses Vertrages einer Überprüfung unterziehen, so dass die Grundsätze der Parität gewahrt werden.