Erzbistum Paderborn
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Befugnis zum Selbstkontrahieren
Hinweis auf staatliches Recht
in: KA 117 (1974) 114-115, Nr. 207
#Beschluss des OLG Hamm vom 30. Mai 1974, 15 Wx 74/74
Der Kirchenvorstand verstößt nicht gegen das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB), wenn er als Vertreter zweier kirchlicher Vermögensmassen – (hier kath. Kirchengemeinde und Pastorat) ein Rechtsgeschäft zwischen beiden vornimmt.
Die kath. Kirchengemeinde und das Pastorat, beide vertreten durch den Kirchenvorstand, haben einen Grundstückstauschvertrag geschlossen. Das Grundbuchamt lehnt die Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch ab, weil der Kirchenvorstand bei diesem Rechtsgeschäft als Vertreter der einen Partei eine Willenserklärung abgegeben und diese als Vertreter der anderen Partei angenommen habe. Ein solches Handeln derselben Personen auf beiden Seiten stelle ein Verhandeln mit sich selbst dar (selbstkontrahieren) und sei als „Insichgeschäft“ (§ 181 BGB) von der Rechtsordnung nicht zugelassen.
Das Landgericht wies die daraufhin eingelegte Beschwerde des Kirchenvorstandes zurück. Das OLG Hamm hob auf die weitere Beschwerde des Kirchenvorstandes den Beschluss des Landgerichts und die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes auf und führte im wesentlichen folgendes aus:
Die Kirchengemeinde und das Pastorat sind zwei selbständige Partner des Tauschvertrages. Sie sind jeweils als Eigentümer der Tauschgrundstücke im Grundbuch eingetragen und mangels entgegenstehender Tatsachen als Eigentümer anzusehen. Beide sind selbständige Rechtsträger des auf sie eingetragenen Vermögens. – Siehe zu diesen Fragen die Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt 1968 Nr. 199.
Die Befugnis des Kirchenvorstandes zum Selbstkontrahieren ergibt sich durch stillschweigende gesetzliche Gestattung aus § 1 des Gesetzes über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens vom 24. Juli 1924.
Das Gesetz geht davon aus, dass der Kirchenvorstand als einziges Verwaltungsorgan des ortskirchlichen Vermögens ein umfassendes Verwaltungs- und Vertretungsrecht hat. Der Kirchenvorstand ist also sowohl Organ der Kirchengemeinden als auch Organ der einzelnen kirchlichen Anstalten, die im örtlichen Bereich der Kirchengemeinde selbständige Rechtsträger sind (z.B. Pastorat, Vikarie, Küsterei). Ein anderes Organ, das dem Kirchenvorstand diese Aufgabe abnehmen oder die Gestattung des Selbstkontrahierens erteilen könnte, sieht das Gesetz nicht vor. Diese besondere, vom Gesetz gestattete umfassende Rechtsstellung des Kirchenvorstandes bedeutet eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens, wenn innerhalb der Kirchengemeinde eine Vermögensverschiebung erfolgen soll.