Erzbistum Paderborn
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Migration und Seelsorge
in: Migration menschenwürdig gestalten. Gemeinsames Wort der DBK und des Rates der EKD in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland. Gemeinsame Texte Nr. 27, Bonn 2021 (https://www.dbk-shop.de/de/publikationen/gemeinsame-texte/migration-menschenwuerdiggestalten), 194-196.
####Seelsorgliche Begleitung von Migrantinnen und Migranten
Die Gesellschaft in Deutschland ist von Migrationserfahrungen geprägt; ein gutes Viertel der Bevölkerung hat einen „Migrationshintergrund“. So ist auch die Kirche vielfältig und die Lebensläufe vieler Seelsorgender und Gemeindemitglieder sind Migrationsbiografien. Diese Pluralität ist eine Bereicherung für Gesellschaft und Kirche.
Für Christinnen und Christen, die nach Deutschland migriert sind und bis heute migrieren, ist es von großer Bedeutung, Gottesdienste in ihrer Muttersprache und in ihnen vertrauten Riten feiern zu können. „Eine Kirche in vielen Sprachen und Völkern“ – so lautet in der katholischen Kirche das Leitbild für die Seelsorge an Katholikinnen und Katholiken anderer Muttersprache. Da es immer wieder neue erste Generationen von Migrantinnen und Migranten gibt, erfahren die muttersprachlichen Gemeinden weiterhin Zulauf. Dank der stärkeren Präsenz von Gläubigen der mit Rom unierten Ostkirchen wächst auch das Bewusstsein dafür, dass die katholische Kirche nicht nur viele Sprachen und Kulturen, sondern ebenso mehrere Riten umfasst. […]
Neben der Seelsorge, die sich speziell an christliche Migrantinnen und Migranten richtet, gibt es auch den pastoralen Auftrag in einem weiteren Sinne. Denn für das Handeln der Kirche ist die Nächstenliebe der zentrale Maßstab und Orientierungspunkt. Unabhängig von Religion und Weltanschauung sind die Kirchen gefordert, Menschen in Not seelsorglich zur Seite zu stehen. Gerade Menschen, die Angehörige verloren haben, von Familie und Freunden getrennt sind, vor oder während der Flucht traumatische Erfahrungen gemacht haben oder deren Zukunftsperspektiven unsicher sind, brauchen Beistand und Begleitung. Seelsorgliche Angebote in Einrichtungen für Geflüchtete sind eine wichtige Ergänzung zu anderen Formen der Unterstützung.
Die Kirche Jesu Christi ist seit ihrem Ursprung von Migration geprägt. Sie nimmt auch heute seelsorgliche Verantwortung für Menschen unterwegs wahr.“
####Begleitung auf dem Weg zur Taufe
Eine besondere seelsorgliche Begleitung ist notwendig, wenn Geflüchtete sich dem christlichen Glauben zuwenden und getauft werden möchten. Der Religionswechsel („Konversion“) erfordert eine sensible Wahrnehmung der Bedeutung eines solchen Schrittes. Denn er kann nicht nur den Abschied von einer Religion, sondern auch die Loslösung von Prägungen des bisherigen kulturellen Kontextes und oftmals auch des familiären Umfelds des Täuflings bedeuten.
Der Taufe geht ein Vorbereitungsweg voraus, auf dem die Betreffenden sich mit der Lehre und dem Leben der Kirche vertraut machen und in die neue Glaubensgemeinschaft hineinfinden können. Der Taufwunsch wird als das Ergebnis einer freien Gewissensentscheidung ernst genommen. Den Gemeinden kommt dabei eine große Verantwortung für das Wohlergehen der neuen Gemeindeglieder zu, gerade auch dann, wenn der Übertritt zum christlichen Glauben bei behördlichen Anhörungen und vor Gericht kritisch hinterfragt wird. Geflüchtete, die sich Jesus Christus zuwenden und getauft werden, haben.