Erzbistum Paderborn
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Vereinbarung über die nebenberufliche Erteilung katholischen Religionsunterrichtes an öffentlichen Schulen des Landes Hessen

Staatskirchenrechtliche Vereinbarung vom 8. Januar bzw. April 1973

in: KA 116 (1973) 111-113, Nr. 159

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Vereinbarung

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zwischen dem Lande Hessen, vertreten durch den Hessischen Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Hessischen Kultusminister in Wiesbaden,
und dem Bistum Limburg, dem Bistum Fulda, dem Bistum Mainz und dem Erzbistum Paderborn
jeweils vertreten durch seinen Bischof, dieser handelnd mit Zustimmung des Hl. Stuhles und vertreten durch seinen Generalvikar.
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§ 1

  1. Die Vertragsschließenden gehen davon aus, dass es verfassungs- und schulrechtlich die Aufgabe des Landes ist, die Erteilung eines regelmäßigen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen zu gewährleisten.
  2. Wenn die Erteilung des planmäßigen Religionsunterrichts durch staatliche Lehrkräfte nicht sichergestellt werden kann, wird die Kirche sich bemühen, für die verschiedenen Arten öffentlicher Schulen persönlich und fachlich geeignete kirchliche Bedienstete mit einer vom Lande anerkannten Lehrbefähigung oder erteilten Unterrichtsgenehmigung für das Fach Religion zur Erteilung von nebenberuflichem Religionsunterricht (mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit – Pflichtstundenzahl – eines entsprechenden vollbeschäftigten Lehrers) im Rahmen dieser Vereinbarung zur Verfügung zu stellen.
  3. Die Beschäftigung von Geistlichen, Katecheten und sonstigen Lehrpersonen im Beamten- oder Angestelltenverhältnis des Landes oder auf Grund der Vereinbarung zwischen dem Lande Hessen und den hessischen Diözesen über die Gestellung von Religionslehrern vom 1.12.1966 (Amtsblatt des Hessischen Kultusministers 1967, S. 234), sowie die Erteilung von Unterrichtsaufträgen für nebenamtlichen und nebenberuflichen Religionsunterricht werden durch diese Vereinbarung nicht berührt.
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§ 2

  1. Der Schulleiter teilt der zuständigen Kirchenbehörde rechtzeitig den durch hauptberuflichen Unterricht nicht gedeckten Unterrichtsbedarf mit. Die zuständige Kirchenbehörde unterrichtet die Schulaufsichtsbehörde, wenn nach ihren Feststellungen Religionsunterricht nicht planmäßig erteilt wird.
  2. Kann die Kirche eine Lehrkraft zur Verfügung stellen, so stimmen sich der Schulleiter und die zuständige Kirchenbehörde über die Person der Lehrkraft, die Zahl der zu erteilenden Unterrichtsstunden und über die Dauer des Einsatzes ab. Der Schulleiter beantragt bei der zuständigen Schulaufsichtsbehörde die Erteilung des Unterrichtsauftrages unter Beifügung des Personalbogens nach Muster der Anlage 1.
  3. Die Lehrkräfte, die für die Erteilung des nebenberuflichen Religionsunterrichtes vorgesehen und mit ihr einverstanden sind, erhalten von der Schulaufsichtsbehörde eine Mitteilung über ihren Einsatz nach Muster der Anlage 2, in der insbesondere die Zahl der wöchentlich zu erteilenden Unterrichtsstunden und die Dauer des Einsatzes festgelegt werden. Die zuständige Kirchenbehörde erhält eine Durchschrift dieser Mitteilung.
  4. Die Kirchenbehörden werden dafür Sorge tragen, dass die Lehrkräfte den übernommenen Religionsunterricht ordnungsgemäß wahrnehmen.
  5. Die Schulleiter nehmen bei der Festlegung des Stundenplanes nach Möglichkeit Rücksicht auf die berechtigten Wünsche, die sich aus dem kirchlichen Dienstverhältnis ergeben.
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§ 3

  1. Der Gestellungsvertrag endet
    1. mit Ablauf der Zeit, für die er vereinbart ist; er kann von der Schulaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Kirchenbehörde verkürzt oder verlängert werden;
    2. durch Kündigung seitens der Schulaufsichtsbehörde oder der Kirchenbehörde, wenn er unbefristet vereinbart ist; die Kündigungsfrist beträgt 6 Wochen zum Ende eines jeden Monats; im Bereich der beruflichen Schulen 4 Wochen zum Ende eines jeden Monats;
    3. mit Beendigung des kirchlichen Amtes der zur Verfügung gestellten Lehrkraft;
    4. bei Wegfall der kirchlichen Bevollmächtigung (Missio canonica);
    5. mit Ablauf dieser Vereinbarung.
  2. Die Schulaufsichtsbehörde kann von der Kirchenbehörde jederzeit nach Anhörung der Lehrkraft deren Abrufung verlangen, wenn sich aus der Person der Lehrkraft, ihrem dienstlichen oder außerdienstlichen Verhalten oder aus ihrer Unterrichtstätigkeit schwerwiegende Bedenken gegen eine weitere Verwendung ergeben.
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§ 4

  1. Die Lehrkräfte treten nicht in ein Angestelltenverhältnis zum Lande Hessen. Die Dienstverhältnisse zwischen der Kirche und den Lehrkräften bleiben unberührt.
  2. Die Lehrkräfte unterliegen der staatlichen Schulaufsicht, den Vorschriften der jeweiligen Schulordnung, der Konferenzordnung sowie der Dienstordnung für Schulleiter, Lehrer und Erzieher. Sie sind verpflichtet, sich nach den für staatliche Lehrer geltenden Bestimmungen auf Kosten des Landes ärztlich untersuchen zu lassen.
  3. Unfallschutz wird wie für die nebenberuflichen Lehrkräfte des Landes nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung gewährt.
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§ 5

  1. Soweit nach kirchlichem Recht Geistliche verpflichtet sind, innerhalb ihrer Pfarrei an Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen bis zu 4 Wochenstunden Religionsunterricht unvergütet zu erteilen, wird dieser Unterricht nicht vergütet.
  2. Für den übrigen von den Lehrkräften erteilten nebenberuflichen Unterricht zahlt das Land den Kirchenbehörden die Vergütung, die diesen Lehrkräften nach den jeweils geltenden Regelungen für die nebenamtlichen und nebenberuflichen Lehrkräfte zustehen würde. Im Falle der Erkrankung wird die Vergütung nicht weitergezahlt.
  3. Die Regierungspräsidenten leisten diese Zahlungen ohne Steuerabzug vierteljährlich nachträglich an die von den Kirchenbehörden benannten Kassen.
  4. Die Abführung etwaiger Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge obliegt den Kirchenbehörden.
  5. Entschädigung für Wegstrecken und Ersatz für Mehraufwendungen erstattet das Land den Lehrkräften unmittelbar nach den für seine nebenberuflichen Lehrkräfte geltenden Bestimmungen (Erlass vom 22.3.1966, Amtsblatt des Hessischen Kultusministers 1966, S. 474).
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§ 6

Die Vertragsschließenden werden etwaige Schwierigkeiten in der Durchführung dieser Vereinbarung in freundschaftlicher Weise beheben. Für eine einvernehmliche, eventuelle Änderung dieser Vereinbarung ist eine vorherige Kündigung nicht erforderlich.
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§ 7

Soweit bisher Unterrichtsaufträge unmittelbar mit den Lehrkräften abgeschlossen worden sind, werden die Diözesen mit diesen Lehrkräften wegen der Übernahme in das Gestellungsverhältnis verhandeln.
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§ 8

  1. Diese Vereinbarung tritt am 1. Februar 1973 in Kraft.
  2. Die Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Sie kann von jedem Vertragspartner mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Schuljahres gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
  3. Entgegenstehende Vereinbarungen treten mit dem gleichen Zeitpunkt außer Kraft.
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§ 9

Im Falle der Kündigung dieses Vertrages geht mit dessen Außerkrafttreten die nach § 2 erfolgte Auftragserteilung in Unterrichtsaufträge über.
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§ 10

Diese Vereinbarung wird in den Amtsblättern der vertragsschließenden Diözesen und im Amtsblatt des Hessischen Kultusministers veröffentlicht.