Erzbistum Paderborn
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Kirchliche Einsichtnahme in den Religionsunterricht (NRW)

Staatskirchenrechtliche Vereinbarung vom 18. Februar 1956
in der Fassung vom 21. Dezember 1970

in: KA 114 (1971) 86, Nr. 124

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Vereinbarung

zwischen der Unterrichtsverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen einerseits und dem Erzbistum Köln, dem Erzbistum Paderborn, dem Bistum Aachen und dem Bistum Münster andererseits,
in Durchführung des § 33, 4 des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen vom 8. April 1952 – GV. NW. S. 61 ff – (Schulgesetz) betr. kirchliche Einsichtnahme in den Religionsunterricht.
  1. Durch die Einsichtnahme vergewissert sich die Kirche, dass der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit ihren Lehren und Anforderungen erteilt wird (Art. 14 Abs. 3 LV). Die Einsichtnahme der Kirche in den Religionsunterricht wird nach § 33 Abs. 4 SchG durch religionspädagogisch erfahrene Beauftragte wahrgenommen. Sie trägt keinen schulaufsichtlichen Charakter.
    Die Einsichtnahme dient nicht nur der Beurteilung des Religionsunterrichts im Sinne des Satzes 1, sondern auch der Förderung und Pflege aller Maßnahmen, die geeignet sind, eine Vertiefung der religiösen Erziehung herbeizuführen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aller an der Durchführung des Religionsunterrichts Beteiligten zu sichern.
  2. Die Einsichtsnahme in den Religionsunterricht wird gegenüber allen Religionsunterricht erteilenden Lehrern, Geistlichen und Katecheten ausgeübt.
  3. Die kirchliche Oberbehörde beruft für die Durchführung der Einsichtnahme geeignete, der Schule besonders verbundene Beauftragte und benennt diese der Schulaufsichtsbehörde unter Angabe des Dienstbereichs, in dem sie tätig sein sollen.
  4. Der Antrag zur Durchführung der Einsichtnahme wird in der Regel für die Dauer von fünf Jahren erteilt. Wiederholte Beauftragung ist möglich. Im Einzelfall kann ein besonderer Auftrag erteilt werden.
  5. Die Dienstbereiche der Beauftragten werden von der kirchlichen Oberbehörde unter Berücksichtigung der einzelnen Schularten für größere Bezirke bestimmt.
  6. Die kirchlichen Beauftragten setzen von dem beabsichtigten Besuch die zuständige Schulaufsichtsbehörde rechtzeitig in Kenntnis. Diese gibt die Mitteilung an die Schulen weiter.
  7. Die kirchlichen Beauftragten wohnen dem Religionsunterricht bei und können auch selbst einen Teil des Religionsunterrichts übernehmen. Etwaige Wünsche hinsichtlich des dem Unterricht zugrunde zu legenden Stoffgebietes sollen möglichst vorher mitgeteilt werden. Im Anschluss an die Einsichtnahme können die kirchlichen Beauftragten mit den Religionslehrern ihre im Unterricht gewonnenen Erfahrungen austauschen. Sie können mit allen an der Schule haupt- oder nebenamtlich Religionsunterricht erteilenden Lehrern, Geistlichen und Katecheten eine Konferenz abhalten, mit ihnen über die vorliegenden Erfahrungen sprechen, Anregungen geben und Meinungsverschiedenheiten zu klären suchen.
  8. Der Vertreter der Schulaufsichtsbehörde und der Schulleiter wohnen in der Regel dem Besuch des kirchlichen Beauftragten im Religionsunterricht bei, es sei denn, dass eine Verständigung zwischen ihnen und dem Beauftragten erfolgt, wobei der Wunsch des Lehrers nach Möglichkeit zu berücksichtigen ist.
  9. Ergeben sich im Einzelfall wesentliche Bedenken im Sinne der Ziffer 1, so soll zunächst versucht werden, diese in einem persönlichen Gespräch zwischen dem kirchlichen Beauftragten und dem Lehrer zu beheben. Kommt es bei dieser Aussprache nicht zur Verständigung, so kann sich die kirchliche Oberbehörde an die Schulaufsichtsbehörde wenden. Der Lehrer hat das Recht, von der kirchlichen Oberbehörde wie von der Schulaufsichtsbehörde gehört zu werden. Können die Bedenken nicht behoben werden, und sieht sich die kirchliche Oberbehörde genötigt, dem Lehrer die kirchliche Bevollmächtigung (missio canonica) zu entziehen, so verständigt sie die Schulaufsichtsbehörde.
    Entzieht die kirchliche Oberbehörde einem Geistlichen oder Katecheten, der Religionsunterricht erteilt, die kirchliche Bevollmächtigung (missio canonica), so teilt sie dies der Schulaufsichtsbehörde mit.
  10. Die mit der kirchlichen Einsichtnahme verbundenen Kosten werden von der kirchlichen Oberbehörde getragen.