Erzbistum Paderborn
.Den konfessionellen Religionsunterricht
Den konfessionellen Religionsunterricht
sichern und stärken.
Perspektiven konfessioneller Kooperation
Vereinbarung zwischen dem Erzbistum Paderborn, der Evangelischen Kirche von Westfalen, der Lippischen Landeskirche und der Ev. Kirche im Rheinland zur konfessionellen Kooperation im Religionsunterricht, vom 7./18./24./25. Juli 2017
####1. Gesetzliche Rahmenbedingungen des evangelischen und katholischen Religionsunterrichts
Der Religionsunterricht ist verfassungsrechtlich verankert. Nach Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes ist er an öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach, für das Staat und Kirche gemeinsam Verantwortung tragen. Religionsunterricht ist somit Teil des staatlichen Bildungsauftrags. Die hier normierte Verpflichtung des Staates zur Veranstaltung von Religionsunterricht ist Grundlage für die Ausübung und Entfaltung der in Art. 4 GG garantierten Freiheit der Religionsausübung.
Die institutionelle Garantie des Religionsunterrichts ist in Art. 14 mit ergänzenden Bestimmungen auch in die Landesverfassung NRW aufgenommen und auch in § 31 SchulG NRW weiter ausgeführt worden.
Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach ist nach den gesetzlichen Regelungen eine staatliche Aufgabe und erfordert die Beteiligung und Mitwirkung der Religionsgemeinschaften. Diese Mitwirkungsrechte sind in Art. 14 LV NRW und § 31 SchulG NRW niedergelegt. Die Inhalte des Religionsunterrichts werden danach nicht durch den weltanschaulich neutralen Staat bestimmt, sondern in Übereinstimmung mit den Religionsgemeinschaften festgelegt (Art. 14 Abs. 2 LV NRW, § 31 Abs. 2 SchulG NRW).
Insofern ist der Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen kein neutrales religionskundliches Fach, sondern gem. § 31 Abs. 1 S. 2 SchulG NRW ein an das jeweilige Bekenntnis gebundener Religionsunterricht. Lehrerinnen und Lehrer werden an staatlichen Universitäten ausgebildet, durch die Religionsgemeinschaften beauftragt (Vokatio, Missio canonica) und durch kirchliche Einrichtungen begleitet und fortgebildet. Darüber hinaus besteht das Recht der Religionsgemeinschaften zur Einsichtnahme und das Recht der kirchlichen Oberbehörden zum Besuch des Unterrichts (Art. 14 Abs. 3 LV NRW, § 31 Abs. 5 SchulG NRW).
Auf dieser juristischen Grundlage kann ein ordnungsgemäß erteilter Religionsunterricht im Land Nordrhein-Westfalen immer nur konfessioneller Religionsunterricht sein, der von einer anerkannten Religionsgemeinschaft inhaltlich gestaltet und verantwortet wird. In allen relevanten kirchlichen Verlautbarungen den Religionsunterricht betreffend wird der grundsätzlich konfessionelle Charakter des Religionsunterrichtes im Sinne des Grundgesetzes (Art. 7 GG in Verbindung mit Art. 4 GG) betont, wobei übereinstimmend hervorgehoben wird, dass Konfessionalität nicht mit Konfessionalismus zu verwechseln ist, der Religionsunterricht daher im er auch in ökumenischem Geist erteilt wird.1#
#2. Möglichkeiten der konfessionellen Kooperation im Religionsunterricht
Zur Sicherung des so verstandenen konfessionellen Religionsunterrichts können neben der notwendigen Stärkung der bisherigen Form auch Formen der konfessionellen Kooperation umgesetzt werden, die in unterschiedlichen Ausprägungen in der Praxis Anwendung finden.
Hierbei bleiben die im Jahr 1998 von der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland formulierten grundsätzlichen Überlegungen in Kraft2#, die für die Situation in Nordrhein-Westfalen durch das entsprechende Votum der (Erz-)Bischöfe und Präsides aus dem gleichen Jahr3# eine Konkretisierung erfahren haben. Die seit dieser Zeit möglichen Formen der Kooperation im Religionsunterricht haben sich bewährt.
Vor diesem Hintergrund wird durch die vorliegende Vereinbarung die Möglichkeit geschaffen, dass unter bestimmten, im Folgenden zu konkretisierenden Voraussetzungen für einen bestimmten Zeitraum gemischt-konfessionelle Lerngruppen gebildet werden, die im Wechsel von einer Lehrkraft des Unterrichtsfaches Evangelische Religionslehre und Katholische Religionslehre unterrichtet werden. Dabei muss gewährleistet sein, dass in qualifizierter Zusammenarbeit das konfessionelle Profil beider Kirchen im Religionsunterricht herausgestellt und bezeugt wird.
Es ist festzuhalten, dass es sich auch bei einem so verstandenen konfessionell-kooperativen Religionsunterricht um konfessionellen Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes handelt, da er rechtlich als Religionsunterricht der Religionsgemeinschaft gilt, der die unterrichtende Lehrkraft angehört.
Indem junge Menschen andere Gleichaltrige und auch Lehrerinnen und Lehrer der eigenen und anderen Konfession im unterrichtlichen Kontext, der auf diese Weise notwendigerweise in reflektierter ökumenischer Offenheit und konfessioneller Eindeutigkeit gestaltet wird, erleben, werden sie zu einer authentischen Auseinandersetzung mit der eigenen und fremden Konfession herausgefordert. Auf diese Weise kann das Bewusstsein für die eigene Konfession und für die Verständigung mit der anderen Konfession wachsen.
Somit kann der konfessionelle Religionsunterricht auch für die Schülerinnen und Schüler an Anziehungskraft gewinnen, die aufgrund diverser Gründe bis dato noch nichts oder nicht viel in authentischer Weise über den christlichen Glauben erfahren haben. Dies kann auch für die nicht getauften Schülerinnen und Schüler gelten.
#3. Konkretisierungen eines konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts
Für die Umsetzung eines so verstandenen konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts ist konstitutiv:
- Die Schulen, in denen der konfessionell-kooperative Religionsunterricht eingeführt werden soll, stellen bei der zuständigen Schulaufsichtsbehörde einen Antrag. Diese führt das Einvernehmen der beiden kirchlichen Oberbehörden herbei.Dem Antrag sind insbesondere der befürwortende Beschluss der Fachkonferenzen auf Grundlage eines fachdidaktischen und fachmethodischen Konzeptes und der Nachweis der Beratung in der Schulkonferenz beizufügen.Ist das Einvernehmen der kirchlichen Oberbehörden hergestellt, genehmigt die zuständige Schulaufsichtsbehörde bei Vorliegen der personellen Voraussetzungen die Einführung und teilt dies der Schule mit.
- Da es sich um zwei eigenständige Fächer handelt, die im Rahmen eines bestimmten Zeitraumes kooperieren, ist zur Genehmigung das fachdidaktische und fachmethodische Konzept auf Grundlage der bestehenden Lehrpläne vorzulegen und zu prüfen. Dabei muss sichergestellt sein, dass die konfessionsverbindenden und die konfessionsspezifischen Themen angemessen abgebildet und behandelt werden.
- Der Religionsunterricht kann an einer Schule nur konfessionell-kooperativ erteilt werden, an der Religionsunterricht beider Konfessionen – erteilt von Lehrerinnen und Lehrern mit kirchlicher Bevollmächtigung – stattfindet. Damit verbunden ist ein verbindlicher Fachlehrerwechsel, damit die Schülerinnen und Schüler im Laufe des bestimmten Zeitraums jeweils beide Konfessionen authentisch kennenlernen und reflektieren können.
- Die zuständigen kirchlichen Stellen entwickeln kooperativ Fortbildungsveranstaltungen für die einzelnen Regionen und Schulformen, damit die beteiligten Lehrerinnen und Lehrer konfessionsbewusst und konfessionssensibel unterrichten können. Die Teilnahme daran ist für das Einvernehmen der kirchlichen Oberbehörden (s. Punkt 3a dieser Vereinbarung) unverzichtbar und muss ihnen gegenüber dokumentiert werden.
4. Laufzeit
Diese Vereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Sie kann mit einer Kündigungsfrist von einem halben Jahr zum Ende eines Schuljahres gekündigt werden, jedoch frühestens zum 31. Juli 2024.
#5. Freundschaftsklausel
Die Vereinbarungsschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit bezüglich einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen.
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1 ↑ Vgl. Die Evangelische Kirche in Deutschland (Hg.), Identität und Verständigung. Standort und Perspektiven des Religionsunterrichts in der Pluralität, Gütersloh 1994; dies., Religiöse Orientierung gewinnen. Evangelischer Religionsunterricht als Beitrag zu einer pluralitätsfähigen Schule, Gütersloh 2014; Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Die bildende Kraft des Religionsunterrichts. Zur Konfessionalität des katholischen Religionsunterrichts, Bonn 52009; dass., Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts. Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht, Bonn 2016.
1 ↑ Vgl. Die Evangelische Kirche in Deutschland (Hg.), Identität und Verständigung. Standort und Perspektiven des Religionsunterrichts in der Pluralität, Gütersloh 1994; dies., Religiöse Orientierung gewinnen. Evangelischer Religionsunterricht als Beitrag zu einer pluralitätsfähigen Schule, Gütersloh 2014; Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Die bildende Kraft des Religionsunterrichts. Zur Konfessionalität des katholischen Religionsunterrichts, Bonn 52009; dass., Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts. Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht, Bonn 2016.