Erzbistum Paderborn
.

Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen
(SchulG NRW)

Staatliches Gesetz vom 15. Februar 2005

in: GV. NRW S. 102; zuletzt geändert am 23. Februar 2022, in: GV. NRW S. 250

#

Elfter Teil. Schulen in freier Trägerschaft

#

Erster Abschnitt. Ersatzschulen

##

§ 100
Begriff, Grundsätze

( 1 ) Die schulische Bildung wird durch öffentliche Schulen und Schulen in freier Trägerschaft wahrgenommen. Schulen in freier Trägerschaft ergänzen und bereichern im Rahmen des Artikels 7 Abs. 4 und 5 des Grundgesetzes und des Artikels 8 Abs. 4 der Landesverfassung das öffentliche Schulwesen.
( 2 ) Schulen in freier Trägerschaft sind Ersatzschulen, wenn sie in ihren Bildungs- und Erziehungszielen im Wesentlichen Bildungsgängen und Abschlüssen entsprechen, die nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes vorhanden oder vorgesehen sind.
( 3 ) Für Ersatzschulen gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes, soweit die Gleichwertigkeit mit den öffentlichen Schulen es erfordert. Auf Ersatzschulen finden über die Vorschriften dieses Abschnitts hinaus die Bestimmungen dieses Gesetzes Anwendung, wenn und soweit dies ausdrücklich bestimmt ist. Die Regelungen zur Schulpflicht bleiben unberührt. Eltern, die Kommunikationsunterstützung benötigen und deren Kinder eine genehmigte Ersatzschule besuchen, haben die Rechte aus § 8 Absatz 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2003 in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit der Kommunikationsunterstützungsverordnung Nordrhein-Westfalen vom 15. Juni 2004 in der jeweils geltenden Fassung.
( 4 ) Ersatzschulen haben das Recht, mit gleicher Wirkung wie öffentliche Schulen Zeugnisse zu erteilen, Abschlüsse zu vergeben und unter Vorsitz einer staatlichen Prüfungsleiterin oder eines staatlichen Prüfungsleiters Prüfungen abzuhalten. Die Vorschriften für öffentliche Schulen gelten unmittelbar.
( 5 ) Ersatzschulen müssen gleichwertige Formen der Mitwirkung von Schülerinnen, Schülern und Eltern im Sinne des Siebten Teils dieses Gesetzes gewährleisten.
( 6 ) Schulen in freier Trägerschaft, die besondere pädagogische Reformgedanken verwirklichen, können als Ersatzschulen eigener Art genehmigt werden. Absatz 4 gilt nicht für diese Schulen.
( 7 ) Träger öffentlicher Schulen dürfen keine Ersatzschulen errichten oder betreiben. Der Genehmigung als Ersatzschule steht ferner entgegen, wenn der Träger einer öffentlichen Schule auf die Ersatzschule oder ihren Träger einen bestimmenden Einfluss ausüben kann. Beiträge zur Aufbringung der Eigenleistung nach § 105 Absatz 6 Satz 1 3. Halbsatz bleiben unberührt.
#

§ 101
Genehmigung, vorläufige Erlaubnis, Aufhebung, Erlöschen

( 1 ) Ersatzschulen bedürfen der Genehmigung der oberen Schulaufsichtsbehörde. Sie wird erteilt, wenn die Schule in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurücksteht und wenn eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird.
( 2 ) Eine Schule in freier Trägerschaft kann bis zur Feststellung der Gleichwertigkeit vorläufig, längstens vier Jahre nach Errichtung, als Ersatzschule erlaubt werden. Die von solchen Schulen ausgestellten Zeugnisse werden beim Übergang auf andere Schulen anerkannt.
( 3 ) Ersatzschulen sind berechtigt, den öffentlichen Schulen gleichwertige Lehr- und Erziehungsmethoden zu entwickeln und sich eine besondere pädagogische, religiöse oder weltanschauliche Prägung zu geben.
( 4 ) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht (Artikel 7 Abs. 5 GG).
( 5 ) Eine Ersatzschule darf nur errichten, betreiben oder leiten, wer die Gewähr dafür bietet, dass sie oder er nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt und die persönliche Zuverlässigkeit besitzt. Errichtung und Betrieb einer Ersatzschule erfordern darüber hinaus die wirtschaftliche Zuverlässigkeit des Trägers; bei Personenvereinigungen und juristischen Personen gilt dies entsprechend für die vertretungsberechtigten Personen.
( 6 ) Die Genehmigung ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für die Genehmigung im Zeitpunkt der Erteilung nicht vorlagen oder später weggefallen sind und dem Mangel trotz Aufforderung der oberen Schulaufsichtsbehörde innerhalb einer bestimmten Frist nicht abgeholfen worden ist.
( 7 ) Die Genehmigung oder die vorläufige Erlaubnis erlischt, wenn die Schule nicht innerhalb eines Jahres seit der Zustellung des Genehmigungsbescheides in Betrieb genommen wird oder wenn der Schulbetrieb länger als ein Jahr geruht hat.
#

§ 102
Lehrerinnen und Lehrer an Ersatzschulen

( 1 ) Leiterinnen und Leiter sowie Lehrerinnen und Lehrer von Ersatzschulen bedürfen zur Ausübung ihrer Tätigkeit der Genehmigung der oberen Schulaufsichtsbehörde. Hierzu sind die Anstellungsverträge und Qualifikationsnachweise der Lehrerinnen und Lehrer vorzulegen. Soweit die Lehrerin oder der Lehrer über eine Lehramtsbefähigung verfügt und ihr entsprechend im Unterricht eingesetzt werden soll, ist die Ausübung der Tätigkeit der oberen Schulaufsichtsbehörde lediglich anzuzeigen.
( 2 ) Die Anforderungen an die wissenschaftliche Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer sind erfüllt, wenn eine fachliche, pädagogische und unterrichtliche Vor- und Ausbildung sowie die Ablegung von Prüfungen nachgewiesen werden, die der Vor- und Ausbildung und den Prüfungen der Lehrerinnen und Lehrer an den entsprechenden öffentlichen Schulen im Wert gleichkommen. Auf diesen Nachweis kann in besonderen Ausnahmefällen verzichtet werden, wenn die Eignung der Lehrerin oder des Lehrers durch gleichwertige freie Leistungen nachgewiesen wird.
( 3 ) Die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrerinnen und Lehrer muss der der Lehrerinnen und Lehrer an vergleichbaren öffentlichen Schulen gleichwertig sein. Lehrerinnen und Lehrer an Ersatzschulen können Planstelleninhaberinnen oder Planstelleninhaber sein, deren Beschäftigungsverhältnis dem einer Beamtin oder eines Beamten auf Lebenszeit vergleichbar ist. Bei der Berufung in das Dienstverhältnis, bei Beförderungen in herausgehobene Leitungs- und Funktionsämter und bei Beendigung des Dienstverhältnisses müssen dann die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften beachtet werden, soweit diese nicht auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruhen. Das Beschäftigungsverhältnis der übrigen an der Ersatzschule beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer muss demjenigen von Beschäftigten im öffentlichen Dienst vergleichbar sein.
( 4 ) Die Genehmigung nach Absatz 1 Satz 1 kann nur zurückgenommen werden, wenn Tatsachen vorliegen, die bei Lehrerinnen oder Lehrern öffentlicher Schulen zu einer Beendigung des Dienstverhältnisses führen oder die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen würden. Aus den gleichen Gründen kann auch ein gemäß Absatz 1 Satz 3 angezeigter Unterrichtseinsatz untersagt werden.
#

§ 103
Wechsel von Lehrerinnen und Lehrern innerhalbdes Landes

( 1 ) Die Übernahme von Planstelleninhaberinnen und Planstelleninhabern in den öffentlichen Schuldienst oder in den Schulaufsichtsdienst ist im Rahmen freier und besetzbarer Stellen in einem Amt zulässig, das ihrer Rechtsstellung auf Grund des Planstelleninhabervertrages im Ersatzschuldienst entspricht. Dies gilt entsprechend für die Übernahme von Lehrkräften aus dem öffentlichen Schuldienst als Planstelleninhaberinnen und Planstelleninhaber in den Ersatzschuldienst. Die Übernahme erfolgt unter Beibehaltung der nach den besoldungsrechtlichen Vorschriften bisher festgesetzten Erfahrungsstufe.
( 2 ) Die an Ersatzschulen verbrachten Dienstzeiten von Planstelleninhaberinnen und Planstelleninhabern werden bei Einstellung in den öffentlichen Schuldienst auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit wie bei einer ständigen Verwendung als Beamtin oder Beamter im Landesdienst angerechnet.
( 3 ) Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen können ohne Dienstbezüge zur Dienstleistung an Ersatzschulen in Nordrhein-Westfalen beurlaubt werden. Die Zeit, während der eine ohne Dienstbezüge beurlaubte Lehrkraft an einer Ersatzschule tätig ist, ist bezüglich der Ruhegehaltfähigkeit einer Tätigkeit im öffentlichen Schuldienst gleichgestellt.
( 4 ) Bei Beurlaubung einer Planstelleninhaberin oder eines Planstelleninhabers ohne Dienstbezüge für eine Tätigkeit außerhalb des Schuldienstes des Ersatzschulträgers an anderen kirchlichen oder sonstigen Einrichtungen ist von der oberen Schulaufsichtsbehörde auf der Grundlage der vom Schulträger anerkannten öffentlichen Belange über die Berücksichtigung der Beurlaubungszeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit einschließlich der Erhebung eines Versorgungszuschlages sowie über deren Bezuschussung zu entscheiden.
#

§ 104
Schulaufsicht über Ersatzschulen

( 1 ) Die Schulaufsicht sorgt für die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen, der Vorschriften über die Erteilung von Zeugnissen und Berechtigungen sowie der sonstigen für Ersatzschulen geltenden Rechtsvorschriften.
( 2 ) Wesentliche Änderungen der Voraussetzungen für die Genehmigung einer Ersatzschule bedürfen der Genehmigung.
( 3 ) Die Auflösung einer Ersatzschule ist nur zum Ende eines Schuljahres zulässig. Sie ist spätestens sechs Monate vor Schuljahresende der oberen Schulaufsichtsbehörde anzuzeigen. Dabei sind die für die anderweitige Unterbringung der Schülerinnen und Schüler sowie die für die Überwachung der Schulpflichterfüllung erforderlichen personenbezogenen Daten mitzuteilen. Außerdem ist dafür Sorge zu tragen, dass der Übertritt der Schülerinnen und Schüler in andere Schulen nicht unnötig erschwert wird.
( 4 ) Die vorübergehende Schließung der Ersatzschule bedarf der Genehmigung der oberen Schulaufsichtsbehörde.
( 5 ) Die Genehmigung geht auf einen anderen Träger über, wenn die obere Schulaufsichtsbehörde den Übergang der Genehmigung vor dem Wechsel der Trägerschaft ausdrücklich zugelassen hat. In den übrigen Fällen erlischt die Genehmigung.
( 6 ) Das Ministerium trifft durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zur Durchführung der §§ 100 bis 104, insbesondere über die Genehmigung und Führung von Ersatzschulen, die Anstellung von Lehrerinnen und Lehrern, das Feststellungsverfahren zum Nachweis der wissenschaftlichen und pädagogischen Eignung der Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schulaufsicht.
#

Zweiter Abschnitt. Ersatzschulfinanzierung

§§ 105-115 [Auf Abdruck wurde verzichtet.]