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Umsatzbesteuerung kirchlicher Körperschaften durch das Steueränderungsgesetz
Hinweis
in: KA 159 (2016), 58-59, Nr. 54
###Durch Artikel 12 des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834) wurden die Regelungen zur Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) neu gefasst.
Der bisher für die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand maßgebende § 2 Abs. 3 UStG wurde gestrichen und durch den neuen § 2 b UStG ersetzt. Diese Neuregelung wurde erforderlich, da die bisherige Auslegung der Unternehmereigenschaft der jPdöR lt. Auffassung des Bundesfinanzhofes dem europäischen Umsatzsteuerrecht (Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MwStSystR) widersprach.
Gefordert wurde die steuerliche Gleichbehandlung der öffentlichen Hand mit Unternehmen in privater Rechtsform. Diese Rechtsauffassung hat der Gesetzgeber nunmehr aufgegriffen und die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand deutlich verschärft. Für den Wechsel in das neue Besteuerungssystem wurde eine Übergangsregelung geschaffen.
#Bisherige Rechtslage
Nach der bisherigen Gesetzesfassung waren jPdöR nur im Rahmen ihrer sog. Betriebe gewerblicher Art (BgA) im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 Körperschaftsteuergesetz sowie ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe unternehmerisch tätig. Infolge der Anknüpfung an den BgA-Begriff unterlagen unter anderem Tätigkeiten aus dem Bereich der Vermögensverwaltung durch jPdöR ebenso wenig der Umsatzsteuer wie wirtschaftliche Tätigkeiten unterhalb der ertragsteuerlich für BgA geltenden Bagatellgrenze von 30.678 EUR, bezogen auf den nachhaltigen Jahresumsatz sowie auf jeweils gleichartige Tätigkeiten. Die Nichtaufgriffsgrenze konnte insofern für verschiedene Tätigkeiten mehrfach und gesondert angewendet werden. Die bislang für die Umsatzbesteuerung im Bereich der Kirchengemeinden maßgebenden Grundsätze sowie die steuerrechtlichen Vorgaben wurden vom Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn in der im Oktober 2011 veröffentlichten Broschüre „Steuerpflichten der Kirchengemeinden“ dargestellt (siehe Homepage des Erzbistums Paderborn, Rubrik: „Angebot/Service, Downloads, Broschüren“).
####Eckpunkte der Reform
§ 2 b UStG n. F. befasst sich nur noch mit der Frage der Steuerbarkeit von Tätigkeiten, die den jPdöR im Rahmen der sog. „öffentlichen Gewalt“ obliegen. Für Tätigkeiten auf privatrechtlicher Grundlage oder im Rahmen der Vermögensverwaltung gelten uneingeschränkt die allgemeingültigen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes. Der Begriff „Betrieb gewerblicher Art“ ist für die Frage der Umsatzsteuerpflicht der jPdöR nicht mehr relevant. Nur die im Rahmen öffentlicher Gewalt (hoheitlicher Bereich) erbrachten Leistungen fallen unter die Neuregelung des § 2 b UStG. Die Zusammenarbeit von jPdöR (sog. Beistandsleistungen oder Amtshilfe) wird an enge Voraussetzungen geknüpft, um auch zukünftig die Umsatzbesteuerung zu vermeiden. Die Anwendung der neuen Regelung ist grundsätzlich mit Wirkung vom 1. Januar 2017 vorgesehen. Der neue § 27 Abs. 22 UStG enthält jedoch eine Übergangsregelung, die es den jPdöR ermöglicht, die bisherige Rechtslage bis zum 31.12.2020 fortzuführen. Die weitere Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG ist im Verlauf des Jahres 2016 dem zuständigen Finanzamt gegenüber zu erklären.
Die konkrete Anwendung der neuen steuerlichen Vorgaben ist noch mit zahlreichen Unklarheiten behaftet. Dies betrifft insbesondere auch die Übertragung auf den Bereich der Kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts. Seitens der Finanzverwaltung sind sog. BMF-Schreiben für die Übergangsregelung des § 27 Abs. 22 UStG und für die Umsetzung des § 2 b UStG angekündigt.
####Folgen für die Kirchengemeinden
Aufgrund der großzügigen Nichtaufgriffsgrenze waren in der Vergangenheit insbesondere kleinere Kirchengemeinden von der Umsatzsteuer faktisch nicht betroffen. Dies wird sich durch die Reform des umsatzsteuerlichen Unternehmerbegriffs im Bereich der öffentlichen Hand gravierend ändern. Es wird zwingend erforderlich werden, alle Umsätze der Kirchengemeinde auf privatrechtlicher Grundlage vollständig zu erfassen, um die Steuerrelevanz nach den allgemeingültigen Vorschriften des UStG prüfen zu können (z.B. Anwendung von Steuerbefreiungsvorschriften oder der sog. Kleinunternehmerregelung von 17.500 EUR für alle Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit). Davon sind auch solche Umsätze betroffen, die von unselbstständigen Verbänden und Gruppierungen in den Kirchengemeinden erzielt werden (z.B. kfd, Jugendgruppen, Kirchenchöre). Insofern sind umfängliche Vorbereitungsarbeiten notwendig, die spätestens 2020 abgeschlossen sein müssen.
Zu den aus der Verschärfung der Umsatzbesteuerung resultierenden Konsequenzen für die Kirchengemeinden wird das Erzbischöfliche Generalvikariat rechtzeitig Näheres bekanntgeben. Dies gilt auch für die Abgabe der Optionserklärung zur Verlängerung der Anwendung des bisherigen Rechts bis Ende 2020.
Für weitere Auskünfte und Rückfragen steht im Erzbischöflichen Generalvikariat die Hauptabteilung Finanzen, Stabsstelle Steuerwesen (Tel. 05251/125-1225; E-Mail: steuerwesen@erzbistumpaderborn.de) zur Verfügung.