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Baulast. Umfang

Hinweis

in: KA 114 (1971) 177, Nr. 267

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Bekanntlich darf Kirchensteuer für anfallende Bedürfnisse erst dann eingesetzt werden, wenn diese nicht aus Vermögenserträgnissen – insbesondere aus privaten oder öffentlichen Verpflichtungen Dritter – gedeckt werden können. In dieser Hinsicht spielen die Baulasten – d.h. die Verpflichtungen Dritter, für Bau und Unterhalt kirchlicher Bauten aufzukommen – eine besondere Rolle. Es erscheint uns tunlich, über diese altrechtlichen Baulasten bei dieser Gelegenheit näheres bekanntzugeben.
Als Baulasten kommen insbesondere in Frage:
  1. die fiskalischen Baulasten, meist aus Säkularisationsverpflichtungen entstanden, für die das Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet ist. Diese Baulasten sind dem Grunde nach außer Streit;
  2. die Baulasten, für die Patrone verpflichtet sind. Auch bei diesen sind die Verpflichtungen dem Grunde nach im wesentlichen außer Streit. Schwierigkeiten sind nur in Einzelfällen aufgetreten;
  3. die Baulasten der politischen Gemeinden, für die politische Gemeinden verpflichtet sind. Diese Baulasten beruhen im Bereich der Erzdiözese auf verschiedenen Rechtsquellen:
    1. im Bereich des ehemaligen Herzogtums Westfalen auf den Clementinen, insbesondere der constitutio clementina vom 15.2.1740, einem Provinzialgesetz für das Kurfürstentum Köln,
    2. im Bereich des ehemaligen Fürstentums Corvey auf der Erneuerten Corveyer Kirchenordnung vom 30.10.1690, einem Provinzialgesetz für das Fürstbistum Corvey,
    3. im Bereich des ehemaligen Fürstentums Paderborn auf Observanz, d.h. einem gewohnheitsrechtlich erwachsenen vertragsgleichen Herkommen, das als Paderborner Landesobservanz oder als Lokalobservanz in Erscheinung tritt. Dieses Observanzrecht ist seit einigen Jahren in Streit. Die Erfüllung dieses Rechts haben verschiedene Kirchengemeinden im Klagewege vor den Verwaltungsgerichten geltend gemacht. Diese Prozesse sind noch nicht entschieden. Nachdem Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgericht das Weiterbestehen dieses Observanzrechts auf Grund Veränderung der zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse abgelehnt hatten, haben die Kirchengemeinden auf eingelegte Revision beim Bundesverwaltungsgericht Erfolg gehabt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Urteile mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben und an das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Dieses hat eine Entscheidung noch nicht gefällt. Bis zum Erlass dieses Urteils müssen die Observanzrechte von uns und den Kirchengemeinden als weiterbestehend angesehen werden, denn ein bestehendes Recht kann nur durch Ablösung oder rechtskräftiges gerichtliches Urteil außer Kraft treten. Die Kirchengemeinden müssen daher die Erfüllung dieser Verpflichtungen von den politischen Gemeinden fordern. Wenn die politischen Gemeinden die Erfüllung – wie es meistens geschieht – mit Berufung auf die ergangenen – noch nicht rechtskräftigen – Urteile ablehnen sollten, sind die Kirchengemeinden zwar nicht rechtlich, aber doch tatsächlich an der gerichtlichen Geltendmachung gehindert. Es wird in diesen Fällen so verfahren: Die Kirchengemeinde meldet den Bedarf bei der politischen Gemeinde an. Wenn diese ablehnt, tritt die Kirchengemeinde – evtl. mit Hilfe des Generalvikariats – in Vorlage und teilt der politischen Gemeinde mit, dass die Kirchengemeinde in Vorlage getreten sei, aber die politische Gemeinde an ihrer rechtlichen Verpflichtung festhalte und sich vorbehalte, nach Abschluss der Musterprozesse von der politischen Gemeinde Abdeckung zu verlangen. Dem Generalvikariat ist in solchen Fällen Nachricht zu geben.
[Entscheide staatlicher Stellen zugunsten der Kirchengemeinden mit entsprechenden Rechtsdarlegungen abgedruckt in: KA 97 (1954) 68-69, Nr. 165 OLG Celle; KA 98 (1955) 6-7, Nr. 13: RP Arnsberg; KA 100 (1957) 153-154, Nr. 362: LG Paderborn; KA 101 (1958) 129-133, Nr. 312 LG Arnsberg; KA 108 (1965) 87-88, Nr. 112: VerwG Arnsberg; KA 116 (1973) 60-62, Nr. 98: OVG Münster; KA 120 (1977) 109-118, Nr. 201: OVG Münster; KA 125 (1982) 130-1333, Nr. 139: VerfGH Münster.]