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Sterilisation in katholischen Krankenhäusern
Verlautbarung der Kongregation für die Glaubenslehre vom 13. März 1975
in: KA 119 (1976) 338-339, Nr. 271
####Die Heilige Kongregation hat sowohl die Frage der präventiven therapeutischen Sterilisation in sich selbst als auch die Meinungen, die von verschiedener Seite zur Lösung dieser Frage vorgetragen worden sind, sowie die Konflikte, die aus der Aufforderung zur Mitwirkung bei einer solchen Sterilisation in katholischen Krankenhäusern entstehen, eingehend beraten. Sie traf bezüglich der Fragen, die ihr vorgelegt wurden, folgende Entscheidung:
- Jede Sterilisation, die in sich selber, das heißt ihrer eigenen Natur und Beschaffenheit nach unmittelbar nur die eine Wirkung hat, die Fortpflanzung unmöglich zu machen, ist als direkte Sterilisation anzusehen, in dem Sinn wie sie in den Erklärungen des päpstlichen Lehramtes, insbesondere Pius XII.1# verstanden wird. Sie bleibt gemäß der Lehre der katholischen Kirche absolut untersagt. Das gilt auch dann, wenn diejenigen, die den Eingriff vornehmen, sich subjektiv von der guten Absicht leiten lassen, zur Heilung oder Vorbeugung einer physischen oder psychischen Krankheit beizutragen, die als Folge einer Schwangerschaft vorhergesehen oder befürchtet wird.Die Sterilisation der (Zeugungs-)Fähigkeit selber ist aus einem noch gewichtigeren Grund untersagt als die Sterilisation einzelner Akte, da jene für die betroffene Person den Zustand bleibender Unfruchtbarkeit hervorruft, die fast immer unaufhebbar ist. Man kann sich auch nicht auf irgendeine Anordnung der staatlichen Autorität berufen, die unter Berufung auf die Erfordernisse des allgemeinen Wohles eine direkte Sterilisation vorschreiben würde, da diese die Würde und Unverletzlichkeit der menschlichen Person antasten würde2#. Ebensowenig kann man sich in einem solchen Fall auf das Prinzip der Ganzheit der Person berufen, durch das Eingriffe in einzelne Organe wegen des größeren Wohles der Person gerechtfertigt werden. Die in sich gewollte Sterilisation ist nämlich nicht auf das recht verstandene ungekürzte Wohl der Person „unter Wahrung der Ordnung der Dinge und der Güter“3# ausgerichtet; denn sie schadet dem sittlichen Wohl der Person, das das höchste ist, weil sie in voller Absicht die vorausgesehene und frei gewählte sexuelle Betätigung eines wesentlichen Elementes beraubt. Mithin gibt Artikel 20 des Codex der ärztlichen Ethik, der von der Konferenz im Jahre 1971 veröffentlicht wurde, getreu die festzuhaltende Lehre wieder, deren Befolgung streng gefordert werden muss.
- Wenn die Kongregation die überlieferte Lehre der Kirche bekräftigt, ist sie sich der Tatsache wohl bewusst, dass gegen die Lehre von seiten mehrerer Theologen Widerspruch erhoben wird. Sie bestreitet jedoch, dass dieser Tatsache als solcher eine Lehrbedeutung beigemessen werden könnte, so dass sie gleichsam einen „Locus theologicus“ darstellen würde, auf den sich die Gläubigen berufen könnten, um das authentische Lehramt zu verlassen und Meinungen privater Theologen anzuhängen, die von diesem Lehramt abweichen4#.
- Für die Leitung katholischer Krankenhäuser gilt folgendes:
- Jegliche institutionell gebilligte oder zugelassene Mitwirkung bei Handlungen, die in sich (das heißt ihrer Natur und Beschaffenheit nach) auf einen empfängnisverhütenden Zweck hingeordnet sind, das heißt die natürlichen Folgen der von dem Sterilisierten bewusst vollzogenen sexuellen Akte verhindern, ist absolut untersagt. Denn die offizielle Gutheißung der direkten Sterilisation und erst recht deren Regelung und Ausführung gemäß den Statuten des Krankenhauses, ist eine in der objektiven Ordnung ihrer Art nach bzw. in sich schlechte Sache, zu der ein katholisches Krankenhaus keinesfalls mitwirken kann. Jede derartige Mitwirkung würde ganz und gar dem Auftrag widersprechen, der diesen Einrichtungen übertragen ist, und wäre der notwendigen Verkündigung und Verteidigung der sittlichen Ordnung völlig entgegengesetzt.
- Die überlieferte Lehre von der materiellen Mitwirkung mit den entsprechenden Unterscheidungen zwischen einer notwendigen und einer freiwilligen, einer näheren und einer entfernteren Mitwirkung, bleibt in Kraft und soll in kluger Weise angewandt werden, wenn es der Einzelfall fordert.
- Bei der Anwendung des Grundsatzes über die materielle Mitwirkung, sofern der Einzelfall sie erfordert, möge jedes Ärgernis und die Gefahr jeglicher Verwirrung der Geister durch geeignete Darlegung der Umstände vermieden werden.
Diese Heilige Kongregation hofft, dass die in diesem Brief dargestellten Kriterien den Erwartungen des Episkopates entsprechen, damit er nach Behebung der Unsicherheit bei den Gläubigen um so leichter seiner seelsorglichen Aufgabe nachkommen kann.
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1 ↑ Vgl. besonders die beiden Ansprachen an die Vereinigung der katholischen Hebammen und den Internationalen Hematologenverband; in: AAS 43, 1951, 843-844; 50, 1958, 734-737, und Paul VI., Enzyklika, Humanae vitae n. 14 (vgl. AAS 60, 1968, 490-491).
1 ↑ Vgl. besonders die beiden Ansprachen an die Vereinigung der katholischen Hebammen und den Internationalen Hematologenverband; in: AAS 43, 1951, 843-844; 50, 1958, 734-737, und Paul VI., Enzyklika, Humanae vitae n. 14 (vgl. AAS 60, 1968, 490-491).
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4 ↑ Vgl. II. Vat. Konzil, Konstitution: Lumen gentium, n. 25, 1 (in: AAS 57, 1965, 29-30); Pius XII, Ansprache an die Kardinäle a.a.O., 46, 1954, 672; Enzyklika, Humanae generis, a.a.O., 42, 1950, 568; Paul VI., Ansprache an den Kongress „Über die Theologie des II. Vatikanischen Konzils“, a.a.O., 58, 1966, 889-896 (bes. 890-894); Ansprache an die Mitglieder des Generalkapitels der Redemptoristen, a.a.O., 59, 1967, 960-963 (bes. 962).
4 ↑ Vgl. II. Vat. Konzil, Konstitution: Lumen gentium, n. 25, 1 (in: AAS 57, 1965, 29-30); Pius XII, Ansprache an die Kardinäle a.a.O., 46, 1954, 672; Enzyklika, Humanae generis, a.a.O., 42, 1950, 568; Paul VI., Ansprache an den Kongress „Über die Theologie des II. Vatikanischen Konzils“, a.a.O., 58, 1966, 889-896 (bes. 890-894); Ansprache an die Mitglieder des Generalkapitels der Redemptoristen, a.a.O., 59, 1967, 960-963 (bes. 962).