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Läuten der Kirchenglocken

Hinweis auf Urteil des OVG Rheinland-Pfalz

in: KA 99 (1956) 21, Nr. 38

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Zur Frage der Regelung des Läuterechts an Kirchenglocken, insbesondere der Befugnisse von politischen Gemeinden in dieser Hinsicht, ist am 23.6.1955 ein wichtiges Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – 1 A 64/54 – ergangen. Eine Zivilgemeinde hatte die Mittel bereitgestellt zur Beschaffung von neuen Glocken in einer Simultankirche. Der Gemeinderat regelte durch einen Beschluss das Läuterecht an den neubeschafften Glocken. Dieser Beschluss wurde von den Kirchengemeinden angefochten und nunmehr vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz als rechtsunwirksam erkannt.
Das Oberverwaltungsgericht hat als Leitsatz ausgesprochen: „Kirchenglocken sind öffentliche Sachen (res sacrae).“ In den Entscheidungsgründen wird u.a. folgendes ausgeführt:
„Die Regelung des Gebrauchs der Kirchenglocken – abgesehen von dem Gebrauch der Glocken bei Unglücksfällen und gemeiner Gefahr, der hier nicht interessiert – gehört zum Rechtsbereich der Kirchen. Das Recht zur selbständigen Regelung des Läuterechts ergibt sich aus der staatlichen Anerkennung der Kirchen in reinen Kirchenangelegenheiten und ist damit öffentlich-rechtlicher Natur … Der Gemeinde stand die Befugnis zur Regelung des Läuterechts an den Kirchenglocken weder aus ihrem Eigentum an den Glocken noch aus ihrer Selbstverwaltungshoheit noch aus der Tatsache, dass die Kirche in B. eine Simultankirche ist, zu .... Selbst wenn die Gemeinde Eigentümerin der Glocken wäre, ist der Gemeinderat nicht berechtigt, die Benutzung des Geläutes ohne vorherige Vereinbarung mit den beiden Kirchengemeinden zu regeln.
Die neubeschafften Glocken wurden durch Übernahme in den Gebrauch der Kirchengemeinden und durch ihre Indienststellung öffentliche Sachen (res sacrae in dem von Forsthoff in AÖR Bd. 31 S. 209f dargelegten Sinne). … Der öffentliche Verwendungszweck wird aber seinem Inhalt und Umfang nach wiederum bestimmt durch die Beschränkung des Gebrauchs auf kultische Zwecke und kann, da er auf reine Kirchenangelegenheiten bezogen ist, nur von den privilegierten und staatlich anerkannten Kirchen gestaltet und ausgefüllt werden. Mit anderen Worten: Die Befugnis zu bestimmen, wann und mit wieviel Glocken geläutet wird, also die Regelung des Läuterechts, ist ausschließlich Sache der Kirchengemeinde, bei einer Simultankirche Sache der am Simultaneum beteiligten Kirchengemeinden. … Dem beklagten Gemeinderat fehlte somit die sachliche Zuständigkeit zu den umstrittenen Beschlüssen vom 24.2.1954 und 20.5.1954, durch die er das Läuterecht an den wiederbeschafften Glocken neu zu gestalten versuchte.“