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Gewährleistungsansprüche gegen Architekten und Bauunternehmer
Hinweis
in: KA 110 (1967) 8, Nr. 17
###In der letzten Zeit sahen sich verschiedene Kirchengemeinden vor die Frage gestellt, ob, gegebenenfalls in welchem Umfange und innerhalb welcher Frist gegen Architekten bzw. Bauunternehmer hinsichtlich der sich an Bauwerken aus neuerer Zeit in zunehmendem Maße zeigenden Mängel Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden können. Wir nehmen diese Fälle zum Anlass, auf folgendes hinzuweisen:
Die entsprechend dem von uns herausgegebenen Musterformular abgeschlossenen Architektenverträge sind nach inzwischen gefestigter Rechtssprechung Werkverträge im Sinne der §§ 631ff BGB. Auf den Architektenvertrag sind demgemäß in der Regel die Vorschriften des BGB über den Werkvertrag anzuwenden. Diese Vorschriften sind Sonderbestimmungen, welche den Regeln des allgemeinen Vertragsrechts grundsätzlich vorgehen. Ansprüche des Bauherrn gegen den Architekten hinsichtlich etwaiger Mängel der Architektenleistung beurteilen sich daher zunächst ausschließlich nach dem § 633ff BGB.
#Verjährungsfrist
Auch die Verjährungsfrist bei derartigen Gewährleistungsansprüchen richtet sich daher nicht nach allgemeinen Regeln, sondern nach der werkvertraglichen Spezialvorschrift des § 638 BGB. Hiernach verjähren Gewährleistungsansprüche, sofern nicht der Architekt den Mangel arglistig verschwiegen hat, bei Bauwerken in fünf Jahren.
####Beginn der Verjährungsfrist
Für den Beginn der Verjährungsfrist ist die Abnahme des Werkes maßgebend. Die Abnahme ist in der Regel mit der Anerkennung der Schlussabrechnung des Architekten, spätestens jedoch mit der Zahlung des Rest-Architektenhonorars, als erfolgt anzusehen. Die fünfjährige Verjährungsfrist ist nicht zwingend, sondern kann auch durch vertragliche Abrede verlängert werden, was jedoch nur in seltenen Fällen geschieht.
####Unterbrechung der Verjährung
Der Lauf der Verjährungsfrist kann aber unterbrochen werden. Die Verjährung wird unterbrochen durch den Antrag auf Beweissicherung (§ 639 Absatz 1 in Verbindung mit § 477 Absatz 2 BGB), durch Erhebung der Klage (§ 209 Absatz 1 und 2 BGB), ferner dadurch, dass der Architekt dem Bauherrn gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt (§ 208 BGB).
####Hemmung der Verjährung
Der Verlauf der Verjährungsfrist kann ferner gehemmt werden. Unterzieht sich der Architekt im Einverständnisse mit dem Bauherrn der Prüfung des Vorhandenseins des Mangels oder der Beseitigung des Mangels, so ist gemäß § 639 Absatz 2 BGB die Verjährung solange gehemmt, bis der Architekt das Ergebnis der Prüfung dem Bauherrn mitteilt oder ihm gegenüber den Mangel für beseitigt erklärt oder die Fortsetzung der Beseitigung verweigert.
Daneben ist ferner eine Hemmung der Verjährung nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 202ff BGB möglich.
####Wirkungen von Unterbrechung und Hemmung
Die Wirkungen von Unterbrechung und Hemmung sind unterschiedlicher Art. Wird die Verjährung unterbrochen, so kommt die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht; eine neue Verjährung kann erst nach der Beendigung der Unterbrechung beginnen (§ 217 BGB). Wird dagegen die Verjährung gehemmt, so wird der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet (§ 205 BGB).
Das oben Gesagte gilt entsprechend auch für Gewährleistungsansprüche gegen den Bauunternehmer. Hinsichtlich der Verjährungsfrist sei hier jedoch noch auf eine Sonderregelung hingewiesen. Die fünfjährige Verjährungsfrist ist in § 13 Absatz 4 VOB, welche häufig den Werkverträgen mit Bauunternehmern und sonstigen Handwerkern zugrunde gelegt wird, auf zwei Jahre verkürzt. Jedoch kann der Besteller nach Fristablauf Beseitigung verlangen, wenn er vorher schriftlich (§ 13 Absatz 5 VOB) Mängelrüge erhoben hat (BGH LM Nr. 1 zu VOB Teil B = NJW 1957, 344). In diesem Zusammenhang – das gilt auch hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche gegen den Architekten – sei ferner verwiesen auf die Vorschriften der §§ 478, 479 in Verbindung mit § 639 Absatz 1 BGB.
Nach all dem empfehlen wir den Kirchenvorständen dringend, neu errichtete Bauten vor Ablauf der fünfjährigen bzw. zweijährigen Frist nochmals sorgfältig auf bauliche Mängel zu untersuchen bzw. in Zweifelsfällen durch einen Bau-Sachverständigen untersuchen zu lassen und erforderlichenfalls unverzüglich die zur Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche bzw. zur Unterbrechung oder Hemmung der Verjährungsfrist geeigneten Maßnahmen (siehe oben) zu ergreifen. Insbesondere sei noch darauf hingewiesen, dass die immer wieder vertretene Auffassung, die Gewährleistungsansprüche gegen den Architekten bzw. Bauunternehmer seien solange nicht gefährdet, wie mit denselben eine Korrespondenz in der Sache geführt werde, durchaus unzutreffend ist. Besonders verhängnisvoll wirkt sich dieser Irrtum in Fällen aus, in denen das Bauwerk fertiggestellt und abgerechnet, das Architektenhonorar und der Werklohn gezahlt und etwaige Sicherheitsleistungen bereits zurückerstattet sind. Endlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass in Fällen, in denen Ansprüche sowohl gegen den Architekten als auch gegen den Bauunternehmer geltend gemacht werden können, die Verjährung der Ansprüche des Bauherrn gegen den Architekten nicht dadurch gehemmt wird, dass der Architekt den Bauherrn bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Bauunternehmer unterstützt (BGH MDR 1964, 316).
Wir bitten um künftige Beachtung und gegebenenfalls um rechtzeitigen Bericht, sobald sich Zweifelsfragen ergeben sollten.