Erzbistum Paderborn
.
Die Feier des Sakramentes der Krankensalbung als Bestandteil der Krankenseelsorge
Richtlinien
in: KA 140 (1997) 55-56, Nr. 76
####Die Krankenseelsorge ist heute in vielen Fällen neben den Priestern auch Diakonen und Laien anvertraut. Ihrem hauptberuflichen wie auch ehrenamtlichen Dienst gebührt Dank und Anerkennung. Die gegebene Situation macht es pastoral verständlich, dass sich in den letzten Jahren immer wieder die Frage stellt, ob Diakone oder auch Laien, die mit der Krankenseelsorge beauftragt sind, nicht auch mit der Spendung des Sakraments der Krankensalbung beauftragt werden können.
Gegenüber den verschiedentlich geäußerten Wünschen und Argumenten zur Ausweitung der Spendevollmacht erscheint eine Klarstellung der verbindlichen kirchlichen Lehre und der kirchenrechtlichen Ordnung angezeigt.
- Die Evangelien berichten übereinstimmend, dass Jesus sich in besonderer Weise der Kranken angenommen hat (Mk 6,55-56, Mt 4,24, Lk 4,40 u.a.). Die Sorge um die Kranken und der Dienst an ihnen gehört daher von Anfang an konstitutiv zur Nachfolge Jesu und zum Auftrag Jesu an seine Jünger (Mt 10,8, Mk 16,17-18).Der christliche Dienst an den Kranken hat viele Gestalten. Er umfasst den leiblichen Dienst der Pflege und der medizinischen Heilkunst ebenso wie das fürbittende Gebet und die Spendung der Sakramente, besonders der Krankenkommunion, den Krankenbesuch, den Zuspruch von Ermutigung und Trost, den Beistand für die betroffenen Angehörigen und schließlich Begleitung in der letzten Lebensphase (Sterbebegleitung und Hospizdienst). Eine besondere Bedeutung kommt dem Sakrament der Krankensalbung sowie in der Sterbestunde der Wegzehrung zu.
- Bereits von den Zwölfen wird berichtet, dass sie viele Kranke mit Öl salbten (Mk 6,13). Die Aufforderung des Jakobusbriefes, die Ältesten (Presbyter) zu rufen, wenn einer krank ist, damit sie Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben (Jak 5,14), geht also in der Sache auf jesuanische Tradition zurück.In seiner konkreten Gestalt wie in seinem Verständnis hat das Sakrament der Krankensalbung eine Entwicklung durchgemacht. In den ersten acht Jahrhunderten ist es nur in ganz wenigen Zeugnissen greifbar. In dieser Frühzeit wurde noch nicht so deutlich wie später zwischen den Sakramenten und den anderen Riten der Kirche (Sakramentalien) unterschieden. Von der karolingischen Zeit an, da die Krankensalbung breiter bezeugt ist und die bei Jak 5,15 angesprochene Sündenvergebung deutlicher herausgestellt wird, wird die Spendung dieses Sakraments unzweideutig den Priestern vorbehalten. Gleichzeitig wurde aus der Krankensalbung freilich ein Sterbesakrament, die Letzte Ölung. Das Konzil von Trient hat gegenüber der reformatorischen Kritik die herrschende kirchliche Praxis bekräftigt (DS 1694-1700, 1716-1719).Das II. Vatikanische Konzil ist Ausgangspunkt einer Erneuerung. Für das Konzil ist dieses Sakrament „nicht nur das Sakrament derer, die sich in äußerster Lebensgefahr befinden“. Deshalb ist der rechte Augenblick für den Empfang „sicher schon gegeben, wenn der Gläubige beginnt, wegen der Krankheit oder Altersschwäche in Lebensgefahr zu geraten“. Statt von „Letzter Ölung“ empfiehlt das Konzil darum, besser von Krankensalbung zu sprechen (SC 73).Durch das neue Rituale von 1972 hat sich dieser Sprachgebrauch und das damit gegebene Verständnis allgemein durchgesetzt. Dazu kommt, dass das neue Rituale von der „Feier der Krankensalbung“ spricht. Damit ist gesagt, dass dieses Sakrament in der Regel die Gestalt einer liturgischen Feier haben soll. Sie wird vom Konzil als Aufgabe des Priesters beschrieben (LG 11; PO 5).Der Katechismus der katholischen Kirche (Nr. 1499 bis 1532) wie der katholische Erwachsenenkatechismus (Band 1, S. 374-380) haben dieses erneute Verständnis aufgegriffen und weiter vertieft. Das nachkonziliare Kirchenrecht hat ihm eine verbindliche rechtliche Ordnung gegeben (CIC can 998-1007).
- Zur Frage des Spenders des Sakraments der Krankensalbung hat das Konzil von Trient verbindlich erklärt, dass mit den Presbytern von Jak 5,14 nicht die Ältesten dem Lebensalter nach und nicht die Vornehmsten im Volke, sondern die Bischöfe und Priester als die eigentlichen Spender zu verstehen sind (DS 1697). Das Konzil belegte sogar jeden mit dem Anathem (Bann), der sagt, dass nicht die Priester allein die eigentlichen Spender dieses Sakraments seien (DS 1719). In dieser Tradition stellt das nachkonziliare Kirchenrecht unzweideutig fest: „Die Krankensalbung spendet gültig jeder Priester und nur er“ (CIC can 1003 § 1). Folglich ist die Spendung des Sakraments der Krankensalbung durch Diakone oder Laien nicht möglich. Dabei ist erwähnenswert, dass auch die neuere Exegese die Presbyter von Jak 5,14 als Amtsträger versteht.In der neueren Theologie wird öfters gefragt, ob die lehrmäßigen und kirchenrechtlichen Bestimmungen über den Spender der Krankensalbung eine Weiterentwicklung zulassen. Bei der Antwort auf diese Frage fallen die genannten Aussagen des Trienter Konzils schwer ins Gewicht. Wie immer man sie interpretiert, es gilt auf jeden Fall, dass solche Weiterentwicklungen nicht eigenmächtig von einzelnen vollzogen werden können. Dadurch würde die Grundidee der Sakramente in Frage gestellt. Der Sakramente kann man sich nicht selbst bemächtigen; man wird dazu ermächtigt.Es ist auch kein verantwortlicher Ausweg, wenn Diakone oder Laien, weil sie das Sakrament der Krankensalbung nicht spenden können, statt dessen mit geweihtem Öl eine sakramentenähnliche Handlung (Sakramentalie) vollziehen, die dem Schwerkranken aufgrund des damit verbundenen fürbittenden Gebets Trost, Kraft und Hilfe bedeutet. Eine solche Praxis führt zu Zweideutigkeiten und zu einer Verwischung der Konturen des Sakraments. Außerdem ist darauf zu verweisen, dass auch Sakramentalien nicht eigenmächtig eingeführt werden können, ihre Einführung ist dem Apostolischen Stuhl vorbehalten (CIC can 1167 § 1).
- Eine allseitig befriedigende Lösung des Problems gibt es derzeit nicht. In den Fällen, in denen die Krankenseelsorge Diakonen oder Laien anvertraut ist, bieten sich jedoch folgende Möglichkeiten an:
- Ein Diakon oder ein Laie, der einen Kranken seelsorglich betreut hat, soll, wenn zur Spendung des Sakraments der Krankensalbung ein Priester gerufen wird, nach Möglichkeit bei der Feier der Krankensalbung anwesend sein und mitwirken, er soll den Priester und den Kranken gegenseitig vorstellen sowie die Schriftlesung und einzelne Gebete übernehmen. Auf diese Weise kann die liturgische Gestalt der Krankensalbung besser zum Ausdruck kommen.
- Ähnliches kann geschehen, wenn in den Gemeinden und besonders in Krankenhäusern und Altenheimen die Krankensalbung im Rahmen einer Eucharistiefeier gespendet wird. Die Diakone oder Laien, die mit der Krankenseelsorge beauftragt sind, sollten bei diesen Feiern anwesend sein und sie mitgestalten. Der Dienst des Priesters bei der Krankensalbung steht dann von vorneherein nicht isoliert da, sondern ist in ein umfassendes liturgisches Geschehen eingebettet.
- In dem Fall, dass ein priesterlicher Spender des Sakramentes nicht erreichbar ist, wie auch in allen Fällen, in denen ein Diakon oder Laie die seelsorgliche Betreuung eines Kranken allein wahrnehmen muss, kann und soll dieser den Kranken durch Gebet und Zuspruch begleiten, er kann in deprekativer Weise um die Vergebung der Sünden bitten und dem Kranken durch symbolische Zeichenhandlungen, vor allem durch Auflegen der Hand, durch ein Kreuzzeichen auf die Stirn oder durch Besprengen mit Weihwasser (Erinnerung an das Taufwasser und an die durch die Taufe geschenkte Gleichgestaltung mit Tod und Auferstehung Jesu Christi) Kraft, Mut und Trost zusprechen.
In diesem Zusammenhang verdient der neukonzipierte Wortgottesdienst mit Krankensegen in der Neuausgabe der „Feier der Krankensakramente“ (1994) mit reichen Auswahlmöglichkeiten an Gebeten Beachtung. - Auch wenn in Zukunft viele Aufgaben der Krankenseelsorge nicht mehr von Priestern allein wahrgenommen werden können und diese in verstärktem Maße auf die Mithilfe von Diakonen und Laien angewiesen sind, sollten die Priester, insbesondere die Pfarrer, weiterhin in der Sorge für die Kranken und Sterbenden eine ihrer vordringlichsten Aufgaben sehen. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Spendung der Krankensalbung. Es gilt gleichermaßen im Hinblick auf die Spendung des Bußsakramentes und der Wegzehrung bei Schwerstkranken und Sterbenden. Besonders sollten sie, wenn sie gerufen werden, alles daransetzen, diese sakramentalen Dienste zu tun.Die kirchliche Tradition und das kirchliche Recht betonen nicht allein das dem Priester vorbehaltene Recht, sondern ebenso die pastorale Pflicht der jeweils zuständigen Priester, den Schwerkranken mit dem Sakrament der Krankensalbung beizustehen (CIC can 1003 § 2). Diese Verpflichtung wird insbesondere den Pfarrern ans Herz gelegt (CIC can 529 § 1; 530 nr. 3).Letztlich ist die Krankenseelsorge ein Dienst und eine Pflicht der gesamten Gemeinde, sie kann darum nicht einfach an bestimmte Personen, gleichgültig ob Priester, Diakone oder Laien, „wegdelegiert“ werden. Sie muss in und an das Leben der Gemeinde eingebunden und rückgebunden sein. Beim Besuch bei denen, die krank sind, begegnen wir dem kranken und für uns leidenden Herrn selbst (Mt 25,36.39.43-45).