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Zur rechtzeitigen Taufe der Kinder

Pastorale Anweisung der DBK vom 12. Juli 1979

in: Die Deutschen Bischöfe, Heft 20

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Zur rechtzeitigen Taufe der Kinder

Die nachkonziliare Erneuerung der Kirche hat unsere Gemeinden zu einer größeren Aufmerksamkeit auf das Taufsakrament geführt. Der neue liturgische Ordo „Die Feier der Kindertaufe“ vom 6. August 1971 lässt die Bedeutung und den Anspruch des Taufgeschehens besser erkennen.
Allerdings wird die Zahl der Eltern größer, die sich nur schwer entscheiden können, für ihr Kind das Sakrament der Taufe zu erbitten. Sie sind geneigt, die Taufe ihrer Kinder hinauszuschieben. Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe. Wer in innerer Distanz zur Kirche steht und im Glauben selber unsicher ist, kann auch eine Glaubensüberzeugung nur noch schwerlich vermitteln. So stehen viele Eltern hilflos vor der Aufgabe, ihre Kinder religiös zu erziehen. Klärung und tiefere Begründung werden so zu einer vordringlichen pastoralen Aufgabe. Ein anderer Grund, weshalb Eltern die Taufe für ihre Kinder nicht erbitten, liegt im Wunsch, die Kinder mögen sich selbst später entscheiden können. Hinter diesem Wunsch steht mitunter ein verkürztes Verständnis von Freiheit, mitunter persönliche Unsicherheit im Glauben.
Schließlich löst sich für viele heute das Ja zu Religion und Christentum im allgemeinen ab vom Ja zur Kirche. Taufe wird in dieser Sicht unerheblich und erscheint als Förmlichkeit und als bloßer Ritus. Der Zusammenhang des Glaubens an Jesus Christus mit Sakrament und Kirche muss neu erschlossen werden. Wenn die Eltern eine Hilfe bekommen, ihre Glaubensüberzeugung zu klären und neu zu festigen, besteht eher Aussicht, dass sie auch den vollen Sinn der Taufe für ihr christliches Leben bejahen und die rechte Entscheidung für ihre Kinder treffen werden. Deshalb geben wir den Seelsorgern diese Handreichung mit Darlegungen zur Heilsbedeutung der Taufe und zum Sinn der Kindertaufe sowie einigen Hinweisen auf pastorale Aufgaben in die Hand.
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1. Die Heilsbedeutung

1.1.
Das Leben des einzelnen mit Gott wird sakramental grundgelegt in der Taufe. Sie verleiht die Rechtfertigungsgnade und bewirkt dadurch die Vergebung der Sünden und die Heiligung des Menschen. Schon die erste Darlegung vom Wirken der Kirche in der Apostelgeschichte weist darauf hin. Bei der Pfingstpredigt verlangt der Apostel Petrus den Empfang der Taufe zur Vergebung der Sünden und als Zeichen der Bekehrung (Apg 2,37f). Petrus antwortet den Menschen, die auf seine Predigt hin fragen: „Was sollen wir tun?“, mit der Aufforderung: „Bekehrt euch, und ein jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Christi zur Vergebung eurer Sünden.“
1.2.
Gott wirkt das Heil des Menschen in der Geschichte: durch Menschwerdung, Tod und Auferweckung seines Sohnes Jesus Christus. Dieses Heil wird in der Geschichte weitergegeben durch die Verkündigung des Evangeliums und die Taufe. Diese stiftet äußerlich sichtbar und innerlich wirksam die Beziehung des einzelnen Menschen zu Jesus Christus, sie gliedert ihn in Jesus Christus ein, in sein Leben mit dem Vater im Heiligen Geist. Gott hat jedem Menschen zugedacht, in der natürlich-menschlichen Verwirklichung seines Lebens am Leben Gottes teilzunehmen. Dieser Anteil am Leben des dreifaltigen Gottes wird durch die Taufe geschenkt.
Sicherlich ist Gottes Heilswirken keine Grenzen gesetzt. Der Mensch aber ist gehalten, den Weg des Heiles zu gehen, den Gott uns verbindlich vorgibt: „Bekehrt euch, und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung eurer Sünden“ (Apg 2,38).
1.3.
Vorher lebt der Mensch in einem Zustand, der, wenn auch analog, so doch mit Recht „Sünde“ heißt, weil er nicht dem ursprünglichen Heilswillen Gottes entspricht und menschlicher sündiger Fehlentscheidung am Anfang der Unheilsgemeinschaft entspringt, in die wir alle hineingeboren sind. Aus diesem Zusammenhang mit dem Nein zu Gott, das am Anfang der Geschichte steht, löst uns die Taufe; sie führt uns ein in den Zusammenhang des Ja, das Gott mit Jesus Christus spricht.
1.4.
Wer als Mensch geboren wird, der wird Glied der Menschheit. Er steht zu den anderen Menschen in Beziehung, er lebt nicht nur von sich und für sich, sondern von den anderen und für die anderen. Entsprechendes gilt von der Taufe. Wer getauft wird, der wird Glied „am Leib Christ, der Kirche“ (Kol 1,18). Die Eingliederung in Christus ist die Eingliederung in die Kirche. Die geschichtliche Gemeinschaft mit Christus durch die Taufe ist Gemeinschaft mit dem in der Kirche wirkenden Christus und mit denen, die zu ihm durch Glaube und Taufe gehören und so als heilige Bausteine den lebendigen Tempel des Heiligen Geistes aufbauen.
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2. Der Sinn der Kindertaufe

2.1.
Der Anfang des Menschenlebens liegt nicht in der Macht dessen, der zu leben anfängt. Er wird in dieses Leben hineingestellt und so auch in jene Unheilsgemeinschaft hineingeboren, zu der im anfänglichen Nein des Menschen zu Gott die geschichtliche Menschheit wurde. Gott hat in Jesus sein neues Ja zu uns gesprochen. Durch die Taufe treten wir ein in die Gemeinschaft mit diesem Ja. Daher ist es sinnvoll, ja drängend, dass der Mensch schon von Anfang an in diese Gemeinschaft aufgenommen, dass er getauft wird.
2.2.
Sicher ist die Taufe darauf angelegt, durch unsere freie Entscheidung beantwortet und angeeignet zu werden. Nur wo wir im Maße unserer Fähigkeit bereit sind, ja zum Ja Gottes zu sagen, kann dieses Ja in uns wirksam werden. Aber unsere Freiheit vermag nicht den Anfang vom Nullpunkt aus zu setzen, sondern sie ist immer Antwort, wir bleiben angewiesen auf die Vorgabe. Auch und gerade die Heilszusage Gottes liegt der Antwort des Menschen voraus; Gott bleibt der gnadenhaft und ungeschuldet Gebende. Der Mensch kann immer nur die liebende Antwort geben. So sind die Sakramente Tat Gottes am Menschen. Auch dass der Mensch Gottes Zuwendung annimmt, wird durch seine Gnade erst ermöglicht.
Eltern, die den Grundsatz einer persönlichen Entscheidungsfreiheit bejahen, sollten bedenken, welche Konsequenzen sich aus einem Wartenwollen, bis das Kind aus eigener Überzeugung eine Glaubensgemeinschaft annehmen will, ergeben. Ist bei Beachtung eines solchen Grundsatzes Erziehung überhaupt möglich? Auch die Zugehörigkeit zu einem Volk, zu einer bestimmten Kultur und Sprache ist vorentschieden und kann nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt gewählt werden. Ein Kind, mit dem nicht wenigstens das Risiko einer Sprache eingegangen wird, kann nicht die Fähigkeit erlangen, zu sprechen oder sich für eine oder gegen eine Sprache zu entscheiden.
Das Kind taufen lassen heißt: es befähigen, der Zuwendung Gottes aus der Kraft Gottes und in der Gemeinschaft mit dem Glauben der Eltern zu antworten.
Daher werden gewissenhafte Eltern durch ihre Entscheidung für die Taufe dem Kind vom Anfang seines Lebens an die Verbindung mit Christus und das Leben in der Glaubensgemeinschaft der Kirche erschließen. Die Taufe des Kindes ist sichtbarer Ausdruck der Glaubensüberzeugung der Eltern und das Bekenntnis zu ihrer Verpflichtung, das Kind in diesen Glauben hineinwachsen zu lassen. So ist die Taufe auch das erste grundlegende Geschenk der Eltern für ihr Kind, insofern es dadurch Anteil gewinnt am Glauben der Eltern und der kirchlichen Gemeinschaft.
2.3.
Wir leben nicht mehr in einer homogenen Gesellschaft, sondern wir müssen von einer Pluralität der Meinungen, weltanschaulicher Gruppen und religiöser Bekenntnisformen ausgehen. Glaubensverunsicherung, Distanzierung von der Kirche, Säkularisierung des Lebens greifen um sich. Diese Situation fordert mehr als früher von allen die persönliche Glaubensentscheidung und das entschiedene Bekenntnis. Für eine Entscheidung zum Glauben aus einer positiven Freiheit heraus ist das Hineinwachsen und die Einübung in das Glaubenkönnen eine wichtige Voraussetzung geworden. Beobachtungen und Einsichten der verschiedenen Wissenschaften vom Menschen zeigen, von welch grundlegender Bedeutung die aller ersten Erfahrungen des Kindes für seine gesamtmenschliche Entfaltung und für seine seelisch-geistige Prägung sind. Ein Kind kann seine menschlichen Fähigkeiten nur entfalten in der Geborgenheit einer Familie oder zumindest eines familiären Klimas, das vielfache Anregungen gibt.
Die Familie ihrerseits muss wieder in einer größeren Gemeinschaft und im Ganzen der Gesellschaft verwurzelt sein. Nur in der Verbundenheit eines gemeinschaftlichen Lebens gelingt eine volle menschliche Entfaltung mit zunehmender eigener Erfahrung. Das alles gilt auch von der Glaubensentwicklung des Kindes in der Familie.
Daher ist es heute besonders dringlich, dem Kind von früh an Verwurzelung und Heimat in der Glaubensgemeinschaft zu erschließen. Ohne festen Boden unter den Füßen lernt niemand zu gehen.
Allerdings liegt hier auch der Grund, weshalb aus der Sicht der Kirche der Aufschub der Taufe dort geboten erscheint, wo das in der Taufe grundgelegte Leben keinerlei Stütze und Entfaltung in der Umwelt des Kindes findet.
2.4.
Taufe geschieht aber auch „zum Nachlass der Sünden“ (DS 1514). Inwieweit kommt bei der Kindertaufe auch dieser Aspekt tatsächlich zur Geltung? Inwieweit ist unter dieser Rücksicht die Kindertaufe notwendig? Ohne Zweifel kann ein unmündiges Kind noch nicht persönlich sündigen. Es kann sich auch nicht bekehren und die Taufe nicht durch eigene Entscheidung verlangen.
Hier ist zunächst auf die theologische Aussage von der Erlösungsbedürftigkeit aller Menschen zu verweisen. Wir müssen davon ausgehen, dass sich jeder Mensch in einer persönlichen Freiheitssituation vorfindet, die durch die Geschichte anderer Menschen mitbestimmt ist. Schuldhafte Entscheidungen anderer sind ein nicht aufhebbares Moment, das die Vorgegebenheiten eines jeden Menschen beeinflusst. Diese Schuldbestimmtheit ist von der Ursünde an Moment der menschlichen Geschichte; dies meint die kirchliche Lehre von der „Erbsünde“. Die Ursprungssünde wirkt sich verhängnisvoll für jeden Menschen aus. Vor allem ging durch sie für alle die übernatürliche Gnade verloren. Jedoch ist zu beachten, dass sie nicht als persönlich zu verantwortende Tat übertragen und angelastet wird. Wohl aber bedeutet sie einen Zustand, der nicht sein sollte, weil er Gottes ursprünglichem Heilswillen widerspricht. In diesem Sinn ist er „Sünde“.
Die Glaubensüberlieferung rechtfertigte die Kindertaufe weitgehend mit diesem Argument, dass die Menschen von Kindheit an mit der Erbsünde belastet, wenn auch nicht im Sinne persönlicher Schuld dafür verantwortlich sind. So stellt Papst Innozenz III. (i.J. 1201) fest: „Die Erbsünde, die ohne Zustimmung zugezogen wird, wird ohne Zustimmung durch die Kraft des Sakramentes nachgelassen“ (DS 780). Dass nicht nur Erwachsene, sondern auch neugeborene Kinder getauft werden, ist in der westlichen Kirche bereits für den Beginn des dritten Jahrhunderts bei Cyprian und in der Kirchenordnung Hippolyts sicher bezeugt.
Ausdrücklich bestritten wurde die Wirksamkeit der Kindertaufe auch durch einige Vertreter der Reformation, und zwar im Gegensatz zu Martin Luther, der auf der Kindertaufe bestand. Das Konzil von Trient lehnt nachdrücklich diese Bestrebungen ab und fordert weiterhin die Taufe der Säuglinge. Es betont, dass auch für sie die Aussage von der Taufe „zur Vergebung der Sünden“ anzuwenden ist (DS 1514). Auch in der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils (Art. 68 und 69) sowie in der Ordnung zur Feier der Kindertaufe, in der Pastoralanweisung der Deutschen Bischofskonferenz vom 24. September 1970 und im Synodenbeschluss „Schwerpunkte heutiger Sakramentenpastoral“ (Nr. 3.1.1) wird die Kindertaufe verlangt.
2.5.
Christus hat die Taufe als Sakrament der Wiedergeburt gestiftet, das den Menschen das Heil eröffnet. Die Kirche begründet von Anfang an ihre Taufpraxis mit dem Befehl des Auferstandenen: „Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,19 vgl. Mt 16,16).
Die Taufe wird von der Urgemeinde als Gehorsam gegen den Herrn verstanden. Die Kirche würde es als einen Verstoß gegen den Auftrag des Herrn betrachten, wenn sie den Kindern dieses Zeichen des Heiles vorenthalten würde. Deshalb wird auch heute von den für die Kinder Verantwortlichen, von Eltern und Seelsorgern vor allem, verlangt, für die rechtzeitige Taufe der Kinder besorgt zu sein.
Wir sind aber in unserer Verantwortung für das Heil unseres Nächsten unabdingbar auf den Weg jener konkreten Verbindung mit Christus und jener konkreten Gemeinschaft in der Kirche gewiesen, die uns die Taufe eröffnet.
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3. Pastorale Hinweise1#

3.1.
Die Geburt eines Kindes ist für die Eltern eine tiefe Erfahrung. Ihnen wächst mit der Sorge für das neue Leben eine eigene Verantwortung zu. Auch für das religiöse Leben sind sie die ersten und ursprünglichen Vermittler. Aus der Entscheidung für die Taufe des Kindes als Grundlegung des Glaubenslebens ergibt sich für die Eltern eine klare Verpflichtung. Der zuständige Priester trägt eine besondere Verantwortung, dass die Eltern den Sinn der Taufe verstehen und die daraus sich ergebenden Verpflichtungen sowohl für die Erneuerung des eigenen Glaubens wie für die Entfaltung des Glaubens ihrer Kinder bejahen können.
3.2.
Das Taufgespräch ist der geeignete Weg pastoraler Hilfe für die Eltern. Geburt und Taufe eines Kindes sind nach der Trauung nicht selten wieder ein erster Anlass, sich mit Fragen des Glaubens und des Lebens mit der Kirche zu befassen.
Wir bitten die Seelsorger, die vorbildlichen Bemühungen fortzusetzen, die sie allenthalben – wie wir zu unserer Freude feststellen konnten – für die Taufgespräche aufgewandt haben. Beim Taufgespräch können im Glauben und in der religiösen Erziehung erfahrene Eltern mitwirken. Wenn dabei auch nur ein anfänglicher Austausch über die Verwirklichung des Glaubens im konkreten Leben gelingt, so kann dies doch dazu ermutigen, sich künftig am Leben der Kirche intensiver zu beteiligen. Wer selbst die Gemeinschaft mit Christus in seiner Kirche als den Weg zum Heil erkannt hat, wird diesen Weg auch den ihm anvertrauten Kindern von Anfang an eröffnen wollen. Die Frage nach der eigenen persönlichen Glaubensentscheidung wird zu einem Anruf an die Eltern des Kindes, für das Wachstum seines natürlichen und übernatürlichen Lebens zu sorgen.
3.3.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Taufe eines Kindes? Bei der Taufe werden die Kinder auf den Glauben der Kirche getauft, den Eltern und Paten bekennen. Sie bringen das Kind, damit es in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen wird und am Leben Christi Anteil gewinnt. Daher sollen in der Regel Vater und Mutter die Tauffeier mitvollziehen können. Die Eltern dürfen daher kurze Zeit warten, damit dies mit der nötigen Zeit für die Vorbereitung möglich wird. Jedoch gibt es keinen vernünftigen Grund, die Taufe längere Zeit hinauszuschieben. Sie soll in den ersten Wochen nach der Geburt stattfinden, spätestens innerhalb von vier Wochen, wenn kein wichtiger Grund dagegen spricht. Die Tauffeier sollte einerseits die aktive Mitgestaltung durch die Familie des Täuflings, andererseits aber auch die Teilnahme der Gemeinden ermöglichen. Daher findet sie normalerweise in der Pfarrkirche statt. Zur Hervorhebung des österlichen Charakters der Tauffeier empfiehlt es sich, sie am Sonntag zu halten. Eltern, Paten und Verwandte sollen sich persönlich angesprochen wissen. Ihre verständige Mitwirkung verlangt eine gute Vorbereitung der Feier. Eine Tauffeier in der Osternacht und in der sonntäglichen Eucharistiefeier einige Male im Verlauf des Jahres kann der ganzen Gemeinde die Taufe in ihrer kirchlichen Bedeutung sichtbar machen. Sie kann insbesondere auch den erwachsenen Christen den Sinn der im Säuglingsalter empfangenen Taufe für ihr eigenes Leben erschließen. In einer größeren Pfarrgemeinde mag ein Tauftermin, an dem jeweils einige Kinder gemeinsam getauft werden, das Sakrament der Eingliederung in die Kirche konkret erfahren lassen.
3.4.
So wichtig für eine bewusste Tauffeier eine Zeit der Vorbereitung ist, so falsch wäre es, deshalb die Taufe über Gebühr zu verzögern. Geburt und Wiedergeburt haben einen inneren Zusammenhang. Mittelpunkt aller Überlegungen muss das Heil des Kindes sein. Wenn eine Krankheit für das Leben des Kindes fürchten lässt, ist darauf zu achten, dass es nicht ungetauft stirbt. Zwar dürfen wir im Vertrauen auf den allgemeinen Heilswillen Gottes und auf das allen Menschen zugedachte Erlösungswerk Christi davon ausgehen, dass niemand vom ewigen Heil ausgeschlossen ist, der ohne eigene Schuld die Taufe und damit die Kirchengliedschaft nicht erlangt hat. Wer jedoch das Leben mit Gott in Jesus Christus als ein Geschenk für sich erfahren hat und Verantwortung für ein Kind trägt, wird besorgt sein, dass dem Kind im Falle der Lebensgefahr die Nottaufe gespendet wird und so dieses Kind ganz Gott anheimgegeben wird. Es wäre nicht recht, ihm die Gnade der Taufe vorzuenthalten, wenn es stirbt, bevor es zum Gebrauch der Vernunft gelangt. Auch in der Todesgefahr bringt die Taufspendung das Heilswirken Christi sichtbar zum Ausdruck.
3.5.
Ein besonderes Maß an pastoraler Klugheit und Geduld ist gegenüber solchen Paaren erforderlich, die die Taufe für ihr Kind begehren, ohne selbst verheiratet zu sein. Die Seelsorger werden sich bemühen, diesen meist jungen Menschen den Sinn einer kirchlichen Trauung und den Segen eines christlichen Ehe- und Familienlebens zu erschließen, und sie dazu zu ermutigen, wenn die notwendigen Voraussetzungen für eine gültige Ehe gegeben sind. Auch in einem solchen Fall darf die Taufe nur dann gespendet werden, wenn wenigstens einer der beiden Partner oder sonst jemand im Lebensbereich des Kindes bereit ist, das Kind in den Glauben und das Leben der Kirche einzuführen.
3.6.
Der in einer konfessionsverschiedenen Ehe lebende katholische Christ ist verpflichtet, alles ihm Mögliche zu tun, seinen Glauben und die Zugehörigkeit zu seiner Kirche auch seinen Kindern zu vermitteln. Der katholische Partner verspricht darum vor der Eheschließung, sich nach Kräften darum zu bemühen, dass die Kinder in der katholischen Kirche getauft und erzogen werden. Fragen, die mit der Taufe und der religiösen Erziehung der Kinder zusammenhängen, sollten möglichst vor der Eheschließung geklärt werden. Die Taufe bedeutet die Eingliederung in die Kirche (vgl. 1.4.). Bestrebungen, die Taufe von der Zuordnung zu einer bestimmten Konfession zu lösen, sind aus theologischen und pastoralen Gründen nicht zu rechtfertigen.
3.7.
Ein Taufaufschub ist dann und nur dann notwendig, wenn beide Eltern ungläubig sind und sich weigern, ihrem Kind die nötige Glaubenserziehung zu vermitteln. Das Taufgespräch gewinnt in diesem Fall besondere Bedeutung, soll doch der Taufaufschub nicht als Verweigerung, sondern vielmehr als ein Angebot zur Klärung von Glaubensschwierigkeiten und zur Erneuerung des Glaubenslebens der Eltern sowie zur Übernahme ihrer religiösen Verpflichtung für das Kind verstanden werden. Die Taufe darf erst gespendet werden, wenn jemand im Lebensbereich des Kindes bereit ist, das Kind in den Glauben und das Leben der Kirche einzuführen.
3.8.
Die noch nicht getauften Kinder bleiben besonders der Sorge des Pfarrers, seiner Mitarbeiter und der ganzen Gemeinde anvertraut. Diese müssen alles ihnen Mögliche tun, um im Kontakt mit den betreffenden Eltern und Kindern zu bleiben und die Voraussetzungen für die Taufe zu schaffen. Nachbarn, Freunde und Verwandte dieser Familien können besonders dabei helfen und so in ihrem Umkreis den missionarischen Auftrag des Herrn zu erfüllen suchen. Auch die noch nicht getauften Kinder christlicher Eltern sollen wie alle anderen zum Besuch kirchlicher Kindergruppen, der Religionsstunden und der Gemeindekatechese eingeladen werden. Dabei können sich Ansatzpunkte für die Hinführung zur Taufe ergeben.
3.9.
Die erneuerte Taufordnung stellt die Erstverantwortung der Eltern für den Glauben ihrer Kinder besonders deutlich heraus. Sie betont jedoch auch die Aufgabe der Paten, die Eltern begleitend zu unterstützen und ihrem Patenkind ergänzende Hilfen zu bieten. Diese Patenaufgabe wird um so wichtiger, je weniger die Eltern in der Lage sind, ihrem Kind die nötige menschliche und religiöse Förderung angedeihen zu lassen. Überdies muss noch das Bewusstsein dafür wachsen, wie wichtig eine familienbezogene Gemeindepastoral und die geistig-sittliche Atmosphäre der Umgebung für das Glaubensleben in den Familien und für die religiöse Entwicklung der Kinder ist. Dies gilt insbesondere für Heranwachsende in den Reifungsstufen, in denen die in der Taufe vorgegebenen Gaben und Aufgaben verwirklicht werden müssen. Das gilt nicht weniger auch für junge Eltern, die mit der rechtzeitigen Taufe ihrer Kinder ein entschiedenes Glaubenszeugnis ablegen sollen.
3.10.
Wer in der Geburt eines Kindes die Spur vom Schöpfungsgeheimnis Gottes sieht, wird wünschen, dass dieses Kind Jesus Christus, dem menschgewordenen Sohn Gottes, gleichgestaltet wird. Das Sakrament der Taufe leitet diesen lebenslangen Weg der Nachfolge ein. Die Taufe ist das Grundsakrament, das „Tor zum Leben“. Sie eröffnet den Zugang zu dem von der Kirche vermittelten Heil und ermöglicht den Empfang aller anderen Sakramente. Der Getaufte soll den von Gott durch die Kirche empfangenen Glauben vor den Menschen bekennen. Durch das Sakrament der Firmung (complementum baptismatis) wird er noch vollkommener mit der Kirche verbunden und mit einer besonderen Kraft des Heiligen Geistes ausgestattet; so wird er noch mehr befähigt und verpflichtet, als wahrer Zeuge Christi die Sendung Christi in Kirche und Welt weiterzuführen. Die Sakramente der Taufe und der Firmung sind zusammen mit der Eucharistie Sakramente der Eingliederung (Initiation) und führen zum Vollalter des erlösten Menschen.
Christliche Eltern, die ihre Kleinkinder nach dem Willen der Kirche taufen lassen, können der späteren Entscheidung ihrer mündig werdenden Kinder mit Vertrauen entgegensehen, wenn sie selbst als überzeugte Christen in Familie und Gesellschaft leben. Dazu gehört auch die aktive Teilnahme am Leben der Pfarrgemeinde. Jedoch bleibt der Lebensweg eines jeden Menschen letztlich ein Geheimnis zwischen Gott und diesem Menschen. Er ist nur in der Freiheit Gottes und der Freiheit des einzelnen selbst bestimmbar.
Alles erziehende und menschlich begleitende Tun kann letztlich nur diesem Geheimnis der Freiheit und seiner Einbettung in das Geheimnis der Einheit des Leibes Christi dienen, das uns den Raum der Liebe Gottes öffnet. Von ihr dürfen wir uns alle getragen wissen.

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1 ↑ Vgl. dazu auch die Vorbemerkungen in „Die Feier der Kindertaufe“ und den Beschluss der Würzburger Synode „Schwerpunkte heutiger Sakramentenpastoral“.