.Schreiben der Kongregation für die Sakramente und den Gottesdienst
Empfang des Bußsakramentes vor der Erstkommunion
Schreiben der Kongregation für die Sakramente und den Gottesdienst
sowie der Kleruskongregation vom 31. März 1977
in: KA 120 (1977) 98-99, Nr. 179
####In einigen Ortskirchen und in einigen katechetischen Zirkeln, die sich der Katechese widmen, gibt es trotz der von der Sakramenten- und der Kleruskongregation gemeinsam veröffentlichten Erklärung „Sanctus Pontifex“ vom 24. Mai 1973 (vgl. AAS 65, 1973, 410) Meinungsverschiedenheiten und Zweifel über die kirchliche Disziplin hinsichtlich der Pflicht, das Bußsakrament vor der ersten Kommunion der Kinder vorausgehen zu lassen.
In dieser Sache sind dem Apostolischen Stuhl viele Anzeigen und Bitten von Bischöfen, Priestern und Eltern zugegangen. Ferner hat zu dieser Sache ein Ordensinstitut, das sich dem apostolischen Leben widmet und in verschiedenen Nationen tätig ist, die ausdrückliche Frage gestellt: ob es nämlich erlaubt ist, nach der Veröffentlichung der erwähnten Erklärung, die Erstkommunion – „in Form einer allgemeinen Regelung“ – ohne vorhergehende Beichte in jenen Pfarreien, wo dieser Brauch bisher üblich war, zu empfangen.
Außerdem haben kürzlich in dieser Sache von der „Kongregation für die Sakramente und den Gottesdienst“ geführte Befragungen die Überzeugung gebracht, dass es nicht nur notwendig ist, die diese Frage betreffenden Normen der Kirche einzuschärfen, sondern auch angebracht erscheint, den Sinn und die Absicht der genannten Erklärung, soweit es notwendig sein sollte, nochmals zu erläutern. Das geschieht in der Form einer amtlichen Antwort (s. Anlage) auf die Frage, die das o. gen. Ordensinstitut gestellt hat.
Es ist nicht notwendig, zu erklären, was der Grund war zur Veröffentlichung jener Erklärung, da alle sehr gut wissen um die große Verwirrung, die von einigen auf psychologische und pädagogische Motive gestützten Meinungen ausgegangen ist, die dann die herkömmliche Disziplin der Kirche ganz durcheinandergebracht hat. Dazu ist zu bemerken, dass es vor dem Dekret „Quam singulari“ (vgl. AAS, Bd. II, S. 579) die allgemeine Meinung war, dass Kinder, die ein bestimmtes Alter erreicht haben, zur Beichte zugelassen werden konnten, nicht aber zum Empfang der hl. Kommunion.
Nun wird das Gegenteil vertreten, dass die Kinder wohl zur Kommunion gehen können, aber dass es sich nicht gezieme, dass die Beichte diesem Sakrament vorhergehe.
Das Dekret „Quam singulari“ hat schon darin den Ausgangspunkt der missbilligten Bräuche gesehen, dass das Alter, in dem die Kinder zu unterscheiden imstande sind und das Sakrament empfangen können, noch nicht definiert war: „Diese verwerflichen Missbräuche sind dadurch entstanden, dass man das Unterscheidungsalter weder verständig noch richtig bestimmte, indem man ein anderes Alter für die Buße und ein anderes für die Eucharistie festlegte.“
Darum wird im dispositiven Teil des Dekrets, in Nr. 1, angeordnet, dass es nur ein einziges passendes Alter zum Empfang dieser Sakramente gibt und dass, wenn dieses erreicht ist, die Verpflichtung eintritt, beide nach der festgesetzten Reihenfolge, nämlich die Buße vor der Kommunion, zu empfangen: „Das Unterscheidungsalter sowohl für die Beichte wie auch für die hl. Kommunion ist gegeben, wenn das Kind zu unterscheiden beginnt, d. h. etwa um das 7. Jahr, vielleicht etwas darüber oder auch darunter. Mit diesem Zeitpunkt beginnt die Verpflichtung, beide Gebote der Buße und der Kommunion zu erfüllen“1#.
Dass die Beichte der hl. Kommunion voranzugehen hat, geht klar hervor aus der Reihenfolge, nach der diese beiden Sakramente im Dekret aufgezählt und besprochen werden, wie auch daraus, dass die zurückgewiesenen Missbräuche damals nicht so sehr die Zulassung zur Buße, sondern vielmehr den Zugang zur hl. Kommunion betrafen.
Die Notwendigkeit, eine würdige Teilnahme am Sakrament der Eucharistie zu sichern und zu pflegen, hat die Kirche bewogen, in ihre Disziplin und in ihre pastorale Praxis die Regel einzuführen, dass die Buße der hl. Kommunion vorhergehen muss; und damit wurde das Recht der Gläubigen – sowohl der Erwachsenen als auch der Kinder – auf den Empfang des Sakramentes der Versöhnung anerkannt.
Übrigens hat die Mahnung des hl. Paulus (vgl. 1 Kor 11,28) die entscheidende Norm aufgestellt, die gleichfalls die Kinder betrifft. Deshalb müssen auch diese sich prüfen, bevor sie die heiligste Eucharistie empfangen. Von sich aus allerdings wird das Kind in der Regel jene Selbstprüfung, die der heilige Paulus fordert, nicht klar und sicher vornehmen können; das wird aber ohne Zweifel viel leichter und sicherer geschehen können, wenn es sich der Hilfe des priesterlichen Beichtvaters bedienen kann. In der Tat gibt es viele Kinder, die wegen geringfügiger Sachen in Angst und Not sind, wie es auch im Gegenteil solche gibt, die schwere Vergehen nicht erkennen und leicht nehmen können.
Andererseits könnte das Gebot des Kanons 854, § 4 des Kanonischen Gesetzbuches2#, demzufolge das Urteil über die ausreichende Disposition zum Empfang der Erstkommunion dem priesterlichen Beichtvater zusteht, nicht aufrecht erhalten werden, wenn das Kind vor der Kommunion nicht zur Beichte ginge.
In dieser Sache muss man sich außerdem vor Augen halten, was sich bei ausgezeichneten Seelsorgern in der katechetischen und sakramentalen Praxis bereits bewährt hat, nämlich der große Nutzen und die heilbringende Kraft, die ihre erste Beichte für das ganze Leben der Kinder hat, wenn diese richtig vorbereitet und ihrem Alter bzw. ihrer Aufnahmefähigkeit für die geistlichen Dinge entsprechend angepasst wird, wie auch die würdige Gestaltung des Sakramentenempfanges.
Wenn nun das Kind zum Unterscheidungsalter gelangt ist, hat es in der Kirche das Recht, beide Sakramente zu empfangen. Es wäre eine zugleich unsinnige wie auch ungerechte Gefährdung und eine Verletzung seines Gewissens, wenn es nur zur hl. Kommunion vorbereitet und zugelassen würde. Es genügt auch nicht, zu behaupten, die Kinder hätten das Recht zur Beichte zu gehen, wenn dieses Recht praktisch unerfüllt bleibt.
Wenn die Kinder bereits genügend vorbereitet sind und sich des besonderen Charakters dieser beiden Sakramente bewusst werden, wird es ihnen gar keine Schwierigkeiten machen, zuerst das Sakrament der Versöhnung zu empfangen, das in ihnen – auf einfache wie auch auf fundamentale Art und Weise – das Bewusstsein des moralisch Guten und Bösen gibt und das zudem bewirkt, dass sie sich auf die beglückende Begegnung mit dem eucharistischen Christus mit größerem Verständnis und Reife vorbereiten.
Die innere Überzeugung von der notwendigen Reinigung, um die Eucharistie ganz würdig zu empfangen, wird, sofern diese von der ersten Kommunion ab den einzelnen Kindern klug und entsprechend vermittelt wird, sie sicher das ganze Leben lang begleiten und zu einer sehr großen Wertschätzung wie zum häufigen Empfang des Sakramentes der Versöhnung hinführen.
Das lehrt der Papst in seinem Brief, den er durch den Staatssekretär anlässlich der in der Stadt Florenz gefeierten 26. Liturgie-Woche schrieb: „Der Hl. Vater stellt besonders die Beichte der Kleinen vor Augen und vor allem die Erstbeichte, die immer der Erstkommunion vorangehen muss, auch wenn sie von ihr durch eine bestimmte passende Zeitfrist getrennt wird, weil von diesem frühen Alter an die Evangelisation der Buße beginnen muss, die später das Fundament des lebendigen Glaubens immer stärker und bewusster machen wird, sowohl beim Empfang des Sakramentes als auch – im besonderen – in der richtigen und angemessenen Ordnung des christlichen Lebens.“
Gestattet sei noch der Hinweis, dass die besonderen gesellschaftlichen und kulturellen Verhältnisse bei den verschiedenen Völkern kein legitimer Grund sind, in dieser Sache eine andere Disziplin einzuführen. Die menschliche Natur ist nämlich im Grunde genommen an allen Orten gleich, und daher stellen sich die Ziele der zu erlangenden geistlichen Vollkommenheit, die diesen Sakramenten eigen sind, in gleicher Weise dar.
In der Tat können die Kinder, in gleich welchen gesellschaftlichen und kulturellen Zeitverhältnissen sie leben, in gleicher Weise die Erkenntnis der Sünde haben und von Gott in der Beichte deren Verzeihung erbitten, sobald sie die Eucharistie in bewusster und ihrem Alter entsprechender Weise empfangen können.
Schließlich ist auch zu bedenken, dass die Erneuerung und die verstärkte Lebenskraft des Sakramentes der Buße, die so notwendig ist und heute in der ganzen Kirche von den Seelsorgern so sehr erwünscht wird, überhaupt nicht zustande kommen kann, wenn sie keinen Ursprung und kein Fundament in der sorgfältigen und fruchtbaren Einführung sowie im Empfang der Sakramente der christlichen Lebensweihe hat.
####Anlage zum Protokoll Nr. 2/76 vom 31. März 1977
Frage: Ob es nach der Erklärung vom 24. Mai 1973 noch erlaubt ist – und zwar in Form einer allgemeinen Regelung –, vor dem Empfang des Bußsakramentes die Erstkommunion zu feiern in jenen Pfarreien, wo diese Praxis in den letzten Jahren üblich war.
Antwort: Die Sakramenten- und Gottesdienstkongregation und die Kleruskongregation haben mit Zustimmung des Hl. Vaters (wie folgt) geantwortet:
Nein, und zwar im Sinne der oben genannten Erklärung vom 24.5.1973. Sinn der Erklärung ist nämlich der, dass nach Ablauf eines Jahres seit der Veröffentlichung der Erklärung alle Experimente hinsichtlich des Empfangs der ersten hl. Kommunion ohne vorhergehenden Empfang des Bußsakramentes eingestellt werden, so dass die kirchliche Disziplin im Sinne des Dekrets „Quam singulari“ wiederhergestellt wird.