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Vertrag zwischen dem Hl. Stuhl und dem Land NRW zum Bildungswesen

Staatskirchenrechtliche Vereinbarung vom 26. März 1984

in: KA 128 (1985) 56-60, Nr. 70

Die Entwicklung im Bereich des Hochschulwesens seit dem Inkrafttreten des Hochschulrahmengesetzes vom 26. Januar 1976 und die Zusammenführung der Pädagogischen Hochschulen mit den anderen wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen haben die Vertragsschließenden bewogen, auf der Grundlage der bestehenden vertraglichen Bindungen eine Übereinkunft über die Anwendung des Artikels 12 Abs. 1 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhle vom 14. Juni 1929 und des Schlussprotokolls zu Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 dieses Vertrages zu treffen und zugleich den Notenwechsel zwischen dem Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Apostolischen Nuntius in Deutschland über Fragen der Lehrerausbildung vom 21./22. April 1969 durch eine neue Regelung zu ersetzen.
Zu diesem Zweck haben der Heilige Stuhl, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, den Apostolischen Nuntius in der Bundesrepublik Deutschland, Seine Exzellenz Herrn Guido Del Mestri, Titularerzbischof von Tuscamia,
und das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, Herrn Johannes Rau, nachstehenden Vertrag geschlossen:
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Artikel I

Pflege und Entwicklung der Katholischen Theologie durch Forschung, Lehre und Studium gehören zum Auftrag wissenschaftlicher Hochschulen des Landes.
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Artikel II

( 1 ) Für die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen bleiben im Land Nordrhein-Westfalen die katholisch-theologischen Fachbereiche an den Universitäten Bochum, Bonn und Münster bestehen. Die Bestimmungen des Artikels 12 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhle vom 14. Juli 1929 und des dazugehörenden Schlussprotokolls erstrecken sich auch auf den katholisch-theologischen Fachbereich der Universität Bochum.
( 2 ) Für die wissenschaftliche Ausbildung in Katholischer Theologie zum Erwerb der Befähigung zur Erteilung des katholischen Religionsunterrichts gewährleistet das Land den jeweiligen fachlichen Anforderungen entsprechend ein ausreichendes und regional ausgewogenes Lehrangebot durch entsprechende Studiengänge. Vor Einführung, Änderung oder Aufhebung dieser Studiengänge ist das Benehmen mit dem Bischof, in dessen Diözese die betroffene Hochschule ihren Sitz hat, herzustellen.
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Artikel III

( 1 ) Für Professoren der Katholischen Theologie außerhalb der katholisch-theologischen Fachbereiche gelten die in Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhle vom 14. Juli 1929 und dem dazugehörenden Schlussprotokoll vereinbarten Regelungen entsprechend.
( 2 ) Bei der Besetzung von Stellen für Professoren der Katholischen Theologie außerhalb der katholisch-theologischen Fachbereiche ist der Berufungsvorschlag von einer Berufungskommission vorzubereiten, der als Professoren nur solche der Katholischen Theologie angehören dürfen. Die weiteren Mitglieder der Berufungskommission müssen wissenschaftliche Mitarbeiter oder Studenten im Fach Katholische Theologie sein und der Katholischen Kirche angehören. Die Berufungskommission hat das Recht, sich mit dem zuständigen Bischof ins Benehmen zu setzen.
( 3 ) Sollen Lehraufgaben in Katholischer Theologie außerhalb der katholisch-theologischen Fachbereiche selbständig von Personen wahrgenommen werden, die nicht als Professor der Katholischen Theologie bestellt worden sind, ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden.
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Artikel IV

Die Berufung als Professor für Katholische Theologie setzt voraus:
  1. ein abgeschlossenes Studium der Katholischen Theologie;
  2. besondere Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit, die durch die Qualität einer Promotion in Katholischer Theologie oder, wenn es der fachlichen Besonderheit des zu vertretenden Lehrgebiets entspricht, in einer verwandten Disziplin nachgewiesen wird;
  3. die Habilitation in Katholischer Theologie oder gleichwertige wissenschaftliche Leistungen innerhalb oder außerhalb des Hochschulbereichs.
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Artikel V

( 1 ) Der zuständige Minister wird Studien-, Prüfungs-, und Habilitationsordnungen der Hochschulen in Katholischer Theologie erst genehmigen, wenn zuvor durch Anfrage bei dem Bischof, in dessen Diözese die Hochschule ihren Sitz hat, festgestellt worden ist, dass Einwendungen nicht erhoben werden.
( 2 ) Der zuständige Minister wird staatliche Prüfungsordnungen für Lehrämter, soweit sie das Unterrichtsfach Katholische Religionslehre betreffen, erst erlassen, wenn er zuvor durch Anfrage bei den Diözesanbischöfen festgestellt hat, dass Einwendungen nicht erhoben werden.
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Artikel VI

( 1 ) Vor der Bestellung zum Fachleiter für das Unterrichtsfach Katholische Religionslehre an einem Seminar im Rahmen des Vorbereitungsdienstes wird sich die zuständige staatliche Behörde mit dem Bischof, in dessen Diözese das Seminar seinen Sitz hat, ins Benehmen setzen.
( 2 ) Mitglieder eines staatlichen Prüfungsamtes für das Unterrichtsfach Katholische Religionslehre werden vom zuständigen Minister im Benehmen mit dem Bischof, in dessen Diözese das staatliche Prüfungsamt seinen Sitz hat, bestellt. Für Personen, die selbständig Lehraufgaben in Katholischer Theologie an einer Hochschule des Landes wahrnehmen, gilt das Benehmen als hergestellt.
( 3 ) Personen nach Absatz 1 und Absatz 2 müssen im Besitz der kirchlichen Bevollmächtigung (missio canonica) sein.
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Artikel VII

Die Erteilung des katholischen Religionsunterrichts setzt den Besitz der kirchlichen Bevollmächtigung (missio canonica) voraus. Im Hinblick darauf wird einem Beauftragten des Bischofs, in dessen Diözese das staatliche Prüfungsamt seinen Sitz hat, Gelegenheit gegeben, bei den mündlichen Prüfungen und der Unterrichtsprobe im Rahmen der staatlichen Lehramtsprüfungen für das Unterrichtsfach Katholische Religionslehre anwesend zu sein.
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Artikel VIII

( 1 ) Betreiben die Diözesen in Nordrhein-Westfalen Lehrerfortbildung, so wird das Land Lehrern im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten Gelegenheit zur Teilnahme geben. Die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen ist freiwillig. Das Land wird angemessene Zuschüsse zu den Personal- und Betriebskosten gewähren.
( 2 ) Falls keine ausreichende Zahl an Lehrern zur Erteilung des katholischen Religionsunterrichts zur Verfügung steht, können die Diözesen im Einvernehmen mit dem Land Vorbereitungskurse zur Ablegung der staatlichen Erweiterungsprüfung im Fach Katholische Religionslehre anbieten.
( 3 ) Das Nähere wird durch Vereinbarung zwischen der Landesregierung und den (Erz-)Bistümern in Nordrhein-Westfalen geregelt.
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Artikel IX

Der Notenwechsel zwischen dem Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Apostolischen Nuntius in Deutschland über Fragen der Lehrerausbildung vom 21./22. April 1969 wird durch diesen Vertrag ersetzt.
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Artikel X

( 1 ) Über alle Fragen, die sich aus den Bestimmungen dieses Vertrages ergeben, werden die Vertragsschließenden in Fühlung bleiben. Sie werden in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen.
( 2 ) Falls gesetzliche Bestimmungen geändert werden sollen und hierdurch die Durchführung dieses Vertrages berührt wird, werden die Vertragsschließenden mit dem Ziel einer freundschaftlichen Verständigung Verhandlungen über eine Anpassung dieses Vertrages führen.
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Artikel XI

Dieser Vertrag, dessen deutscher und italienischer Text gleiche Kraft haben, bedarf der Ratifikation. Er tritt am ersten Tag des auf den Tag des Austauschs der Ratifikationsurkunden folgenden Monats in Kraft.
Gesehen in doppelter Urschrift
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Schlussprotokoll

Bei der Unterzeichnung des am heutigen Tage geschlossenen Vertrages zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Heiligen Stuhl haben die ordnungsgemäß bevollmächtigten Unterzeichneten folgende Erklärungen abgegeben, die einen Bestandteil des Vertrages bilden:
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Zu Artikel I

Die Vertragsschließenden sind sich darüber einig, dass Katholische Theologie an staatlichen Hochschulen aufgrund des Einvernehmens zwischen Staat und Kirche gemäß den Bestimmungen der Verträge zwischen Staat und Kirche in Bindung an das Lehramt der Katholischen Kirche gelehrt wird. In Auswirkung von Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhle vom 14. Juni 1929 gelten für das Verhältnis der katholisch-theologischen Fachbereiche an den staatlichen wissenschaftlichen Hochschulen im Land Nordrhein-Westfalen zur kirchlichen Behörde zur Zeit des Vertragsabschlusses die Apostolische Konstitution „Sapientia Christiana“ vom 15. April 1979 sowie die hierzu erlassenen Verordnungen vom 29. April 1979 und Dekrete vom 1. Januar 1983, soweit sich nicht aus den Verträgen eine anderweitige Regelung ergibt.
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Zu Artikel II Abs. 1

Der Notenwechsel zwischen dem Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Apostolischen Nuntius in Deutschland vom 20./29. Dezember 1967 über die Katholisch-Theologische Abteilung der Ruhr-Universität Bochum bleibt im übrigen unberührt.
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Zu Artikel II Abs. 2

Es besteht Einvernehmen, dass Studiengänge für Katholische Religionslehre für die einzelnen Lehrämter in unterschiedlicher Zahl im Lande angeboten werden können und dass das gegenwärtige Angebot an Studienorten und Studiengängen für Katholische Religionslehre den Anforderungen des Artikels II Abs. 2 entspricht.
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Zu Artikel II und Artikel III

Die Bestimmungen des Schlussprotokolls zu Artikel 12 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhle vom 14. Juni 1929 finden auf selbständig Lehrende in Katholischer Theologie, die nicht Priester sind, entsprechende Anwendung; an die Stelle der Erfordernisse des priesterlichen Lebenswandels treten in diesen Fällen die Erfordernisse eines Lebenswandels nach den Ordnungen der Katholischen Kirche.
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Zu Artikel IV Nr. 1

Für die Anforderungen an ein abgeschlossenes Studium der Katholischen Theologie gelten die einschlägigen kirchlichen Vorschriften. Diese sind zur Zeit des Vertragsabschlusses die Apostolische Konstitution „Sapientia Christiana“ vom 15. April 1979 sowie die gemäß Artikel 10 dieser Konstitution erlassenen Verordnungen vom 29. April 1979. Auf den Nachweis des abgeschlossenen Studiums der Katholischen Theologie werden gleichwertige Studien- und Prüfungsleistungen, die in anderen Studiengängen erbracht worden und die nach den einschlägigen Studien- und Prüfungsordnungen für das Studium der Katholischen Theologie erforderlich sind, von Amts wegen angerechnet. Die Feststellung über die Gleichwertigkeit trifft die nach Hochschulsatzung zuständige Stelle.
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Zu Artikel VIII

Die Fragen hinsichtlich der Berücksichtigung der Erfordernisse der katholischen Bekenntnisschule in der Lehrerausbildung werden mit den (Erz-)Bistümern in Nordrhein-Westfalen geregelt.