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Umsatzbesteuerung kirchlicher Körperschaften durch das Steueränderungsgesetz. Folgen für die „Grundstücksbewirtschaftung“ (Vermietung, Verpachtung)
Hinweis
in: KA 159 (2016) 206-207, Nr. 171;
ergänzt in: KA 163 (2020) 83, Nr. 82; vgl. KA 166 (2023) 42-43, Nr. 34
Durch das Steueränderungsgesetz 2015 wurde die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand neu geregelt. Die Steuerpflichten hinsichtlich sämtlicher wirtschaftlichen und vermögensverwaltenden Aktivitäten wurden erheblich ausgeweitet. Davon sind auch die Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts betroffen. Die Änderungen sind grundsätzlich ab dem 01.01.2017 anzuwenden. Es kann jedoch gegenüber der Finanzverwaltung erklärt werden, dass der bisherige Rechtsrahmen bis Ende 2020 fortgeführt wird (sog. Optionsrecht gem. § 27 Abs. 22 UStG).1# Durch das Rundschreiben des Erzbischöflichen Generalvikariates vom 15. März 2016 sowie die Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt 2016, Stück 4, Nr. 542# wurde den Kirchenvorständen der Katholischen Kirchengemeinden im Erzbistum Paderborn ein erster Überblick über den bevorstehenden Systemwechsel gegeben. Zudem wurden die Kirchengemeinden über die Gemeindeverbände Katholischer Kirchengemeinden im Erzbistum Paderborn inzwischen gebeten, die vorbereiteten Optionserklärungen im Verlauf dieses Jahres an die Finanzverwaltung zu übermitteln.
###Absehbare Folgen für die „Grundstücksbewirtschaftung“ (Vermietung, Verpachtung) in den Kirchengemeinden
In der Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt 2009, Stück 4, Nr. 50 wurde die Besteuerung von Miet- und Pachtverhältnissen im Bereich der Kirchengemeinden aufgegriffen. Es wurde insbesondere herausgestellt, dass Vermietungen und Verpachtungen in aller Regel im Rahmen der Vermögensverwaltung erfolgen und insofern – nach bisheriger Rechtslage – nicht steuerbar sind. Diese Ausführungen gelten im Grundsatz weiterhin bis Ende 2020, sofern vom v.g. Optionsrecht Gebrauch gemacht wird.
Auch nach dieser Übergangsphase wird sich die Umsatzsteuerpflicht häufig weiterhin vermeiden lassen. Es ist auf die allgemeingültige Befreiungsvorschrift in § 4 Nr. 12 UStG hinzuweisen, wonach eine Vielzahl von Vermietungs- und Verpachtungsumsätzen unabhängig von der Zuordnung zur Vermögensverwaltung in jedem Fall von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen bleiben.
Im Hinblick auf die Anwendung der Befreiungsvorschrift in § 4 Nr. 12 UStG ist auf folgende Aspekte jedoch schon jetzt hinzuweisen:
#– Vermietung von Garagen und Fahrzeugstellplätzen
Bisher war bei der langfristigen Vermietung ohne besondere Zusatzleistungen stets eine nicht steuerbare Vermögensverwaltung anzunehmen. Demgegenüber bleibt die Vermietung von Garagen oder Stellplätzen zukünftig nur noch dann umsatzsteuerfrei, wenn es sich um eine Nebenleistung zu einer gem. § 4 Nr. 12 UStG um-satzsteuerfreien Vermietung einer Immobilie handelt (z.B. Vermietung Garage im Zusammenhang mit Wohnungsvermietung).
Eigenständige Stellplatz- und Garagenvermietungen unterliegen insofern spätestens ab 2021 der Umsatzsteuerpflicht. Bereits jetzt sollte bei anstehenden Neuvermietungen durch eine sog. Steuerklausel auf die evtl. künftige 19%ige Umsatzbesteuerung des Mietentgelts hingewiesen werden (z.B. „… zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer …“). Im Anschreiben könnte dann erwähnt werden, dass vermutlich bis einschl. 2020 keine Umsatzsteuer erhoben werden muss, da es sich um einen Geschäftsvorfall der sog. Vermögensverwaltung handelt.
Ob und inwieweit diese Mieterträge letztendlich tatsächlich zu versteuern sind, hängt davon ab, ob ggf. die steuerbefreiende Kleinunternehmerklausel gem. § 19 UStG von der jeweiligen Kirchengemeinde angewendet werden kann. Dafür ist vor Anwendung des neuen Rechts ab 2021 eine vollständige Bestandsaufnahme sämtlicher Erträge der Kirchengemeinde erforderlich.
###– Verzicht auf Steuerbefreiung bei Vermietung an Unternehmer für dessen Unternehmen (§ 9 UStG)
Der Vermieter kann nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung der Mietumsätze gemäß § 4 Nr. 12 UStG verzichten, wenn der Mieter ein Unternehmer ist und die Vermietung in dessen Unternehmen erfolgt. Der Verzicht hat zur Folge, dass die beim Bau oder beim Erwerb von Immobilien anfallenden Vorsteuern vom Finanzamt zurückerstattet werden; außerdem kann der Vermieter die während der Mietzeit bezahlte Umsatzteuer, z.B. für Instandhaltungen und Instandsetzungen, im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen.
Nach bisheriger Rechtslage und der Zuordnung der Miet- und Pachtumsätze zur Vermögensverwaltung kamen diese Gestaltungsmöglichkeiten in der Vergangenheit für die Kirchengemeinden nicht in Betracht.
Mit dem Systemwechsel ist die Anwendung des § 9 UStG nunmehr nicht mehr ausgeschlossen. Damit sind die Ausführungen unter Ziffer 4 der Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt 2009, Stück 4, Nr. 50, hinfällig geworden.
Bei entsprechenden Planungen kann aufgrund der o.a. Möglichkeit des Vorsteuerabzugs ein vorzeitiger Wechsel in das neue Recht in Betracht kommen. Die Optionserklärung gem. § 27 Abs. 22 UStG kann von der Körperschaft auch rückwirkend widerrufen werden.
Es ist zu bedenken, dass die Anwendung des § 9 UStG an diverse Voraussetzungen gebunden ist. Dies betrifft auch den Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG. Und schließlich kann die vorzeitige Anwendung des neuen Rechts für die Besteuerung der öffentlichen Hand nicht auf einzelne Tätigkeitsbereiche beschränkt werden. Von daher sind den kostensenkenden Vorsteuerabzugsmöglichkeiten die Konsequenzen gegenüberzustellen, die sich aus der allumfassenden Anwendung des neuen Rechts auf sämtliche privatrechtlichen Umsätze der Kirchengemeinde ergeben. Eine steuerliche Beratung ist dringend zu empfehlen.
Für weitere Auskünfte und Rückfragen steht im Erzbischöflichen Generalvikariat die Hauptabteilung Finanzen, Stabsstelle Steuerwesen (Tel. 05251/125-1225; E-Mail: steuerwesen@erzbistum-paderborn.de) zur Verfügung.
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1 ↑ Diese Übergangsregelung wurde durch das Corona-Steuerhilfegestz bis zum 31. Dezember 2022 (vgl. KA 163 [2020] 83, Nr. 82), durch das Jahressteuergesetz 2022 bis zum 31. Dezember 2024 (KA 166 [2023] 42-43, Nr. 34) verlängert.
1 ↑ Diese Übergangsregelung wurde durch das Corona-Steuerhilfegestz bis zum 31. Dezember 2022 (vgl. KA 163 [2020] 83, Nr. 82), durch das Jahressteuergesetz 2022 bis zum 31. Dezember 2024 (KA 166 [2023] 42-43, Nr. 34) verlängert.