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Inventurrichtlinie
Verwaltungsverordnung vom 13. September 2014
in: KA 157 (2014) 195-198, Nr. 135
###1. Allgemeine Grundlagen
#1.1 Zweck dieser Inventurrichtlinie
Die Inventurrichtlinie des Erzbistums Paderborn soll gewährleisten, dass Erfassung und Bewertung von Vermögen, Schulden, Sonderposten und Rücklagen einheitlich, vollständig und nach gleichen Bewertungskriterien erfolgen.
Insbesondere für die Ersterfassung von Vermögen, Schulden, Sonderposten und Rücklagen sind Sonderregelungen zu erstellen, wenn über die allgemeinen Richtlinien hinausgehende Bestimmungen zu treffen sind.
###1.2 Geltungsbereich
Die Inventurrichtlinie ist anzuwenden durch folgende kirchliche Rechtsträger:
- das Erzbistum Paderborn,
- die Gemeindeverbände Katholischer Kirchengemeinden im Erzbistum Paderborn,
- die Kirchengemeinden und die in ihnen verwalteten, selbständigen Vermögensmassen
- unselbständige kirchliche Stiftungen
Soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, sind die Vorschriften dieser Haushaltsordnung für zivilrechtlich verfasste kirchliche Rechtsträger, an denen die in Absatz 1 genannten Rechtsträger beteiligt sind, entsprechend anzuwenden. Vereinsmitgliedschaften gelten nicht als Beteiligungen.
Der Generalvikar kann Ausnahmen von der Anwendung der Inventurrichtlinie festlegen.
###1.3 Grundsätze ordnungsgemäßer Inventur
Die Inventurunterlagen und das Inventar sind Bestandteile der Rechnungslegung. Sie müssen demzufolge die gleichen Grundsätze erfüllen wie das übrige Rechnungswesen. Für die Planung, Durchführung, Überwachung und Auswertung der Inventur sind folgende Grundsätze ordnungsgemäßer Inventur zu beachten:
- Vollständigkeit der Bestandsaufnahme
- Richtigkeit der Bestandsaufnahme
- Wirtschaftlichkeit
- Einzelerfassung
- Dokumentation und Nachprüfbarkeit
- 1.3.1
- Grundsatz der Vollständigkeit der BestandsaufnahmeNach dem Grundsatz der Vollständigkeit der Bestandsaufnahme sind sämtliche Vermögensgegenstände, Rücklagen, Sonderposten und Schulden aufzunehmen, die im wirtschaftlichen Eigentum des Bilanzierenden stehen.Für die Erfassung der Vermögensgegenstände sind alle für den Ausweis und die Bewertung relevanten Informationen (z.B. qualitativer Zustand, Zuordnung zum entsprechenden Vermögensbereich, verminderte oder fehlende Verwendbarkeit) festzuhalten. Doppelerfassungen und Erfassungslücken sollen durch Inventurplanung ausgeschlossen sein. Bereits vollständig abgeschriebene, aber noch genutzte Vermögensgegenstände sind weiterhin nachzuweisen.
- 1.3.2
- Grundsatz der Richtigkeit der BestandsaufnahmeBei allen Inventurverfahren (körperliche Inventur, Buch- oder Beleginventur siehe Abschnitt: „Inventurverfahren“) sind Art, Menge und Wert der einzelnen Vermögensgegenstände, Rücklagen, Sonderposten und Schulden zweifelsfrei festzustellen.
- 1.3.3
- Grundsatz der WirtschaftlichkeitDer Aufwand, der zur Durchführung der Inventur erforderlich ist, muss in angemessener Relation zu den zu erwartenden Ergebnissen stehen. In der Inventurplanung ist daher einzubeziehen, inwiefern Inventur-/Bewertungsvereinfachungsverfahren angewendet werden können. Maßstab hierfür sind die Wesentlichkeit der Bestände und die Abweichungsrisiken der Erfassung.
- 1.3.4
- Grundsatz der Einzelerfassung und EinzelbewertungGrundsätzlich sind alle Vermögensgegenstände, Rücklagen, Sonderposten und Schulden einzeln nach Art, Menge und Wert zu erfassen. Ausnahmen (Festbewertung, Gruppenbewertung, Verbrauchsfolgeverfahren) sind nur nach vorheriger Absprache mit der zentralen Inventurleitung möglich.Es wird in diesem Zusammenhang auf § 8 Bilanzierungsrichtlinie verwiesen.
- 1.3.5
- Grundsatz der Dokumentation und NachprüfbarkeitDie einzelnen Posten sind durch eine eindeutige Bezeichnung genau zu definieren und von anderen Posten eindeutig abzugrenzen. Die Dokumentation der Inventur erfolgt in der Art und Weise, dass sich ein sachverständiger Dritter über die Vorgehensweise der Inventur und die Inventurergebnisse in angemessener Zeit einen Überblick verschaffen kann.Die Inventurunterlagen stellen „sonstige erforderliche Aufzeichnungen“ im Sinne des § 239 Abs. 1 und 3 HGB dar. Damit sind die Änderungen nur im Rahmen eines geregelten Verfahrens zulässig und so zu dokumentieren, dass sowohl die ursprüngliche Eintragung als auch die Änderung jederzeit erkennbar ist.
2. Inventurplanung
#2.1 Zuständigkeit
Die zentrale Inventurleitung und Gesamtverantwortlichkeit obliegt für
- (a)
- das Erzbistum Paderborn mit seinen Einrichtungen dem Generalvikar,
- (b)
- die Gemeindeverbände Katholischer Gemeindeverbände mit ihren Einrichtungen dem jeweiligen Geschäftsführer des zuständigen katholischen Gemeindeverbands
- (c)
- die Kirchengemeinden und die in ihnen verwalteten selbständigen Vermögensmassen dem rechtlichen Vertreter
- (d)
- die unselbständigen kirchlichen Stiftungen den bestellten rechtlichen Vertretern
- (e)
- die kirchlichen Stiftungen, die der Aufsicht des Erzbistums unterstehen, deren Stiftungsvorstand
Für die Inventur können durch die jeweilige zentrale Inventurleitung Beauftragte sowie Vertreter benannt werden.
Unterjährige Bestandsveränderungen des beweglichen Vermögens, z.B. durch Zugang oder Abgang, sind durch die jeweiligen Inventurbeauftragen unverzüglich der rechnungsführenden Stelle mitzuteilen, um so die ordnungsgemäße Durchführung der jährlichen Inventur und Erstellung und Pflege des Inventars zu ermöglichen.
###2.2 Inventurrahmenplan
Der Inventurrahmenplan grenzt den Umfang der Inventur sachlich und zeitlich klar ab und legt die personellen Zuständigkeiten fest. Er besteht aus Sachplan, Zeitplan und Personalplan und ist durch die zentrale Inventurleitung in Absprache mit der rechnungsführenden Stelle zu erstellen.
- 2.2.1
- SachplanDurch den Sachplan werden Inventurbereiche und Inventurfelder festgelegt, um so eine eindeutige Zuordnung und eine möglichst genaue und vollständige Erfassung zu gewährleisten. Er wird in Inventurbereiche eingeteilt und innerhalb dieser Inventurbereiche in Inventurfelder untergliedert.Der Sachplan hat die Funktionen:
- Inventurbereiche und -felder (örtlich und sachlich) zu bündeln,Inventurbereiche und -felder den Aufnahmeteams zuzuordnen,Inventurverfahren festzulegen.
Damit soll ein möglichst wirtschaftlicher und effektiver Ablauf der Inventur gewährleistet werden.Die Inventurbereiche und -felder können nach sachlichen oder auch räumlichen Gesichtspunkten festgelegt werden. Die Zuordnung nach sachlichen Kriterien soll sicherstellen, dass die Bestände einer Jahresabschlussposition (z.B. Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Vorräte) angehören. Räumliche Abgrenzungskriterien können z.B. Gebäude, Stockwerke oder Räume sein.Bei der Einteilung der Inventurbereiche und -felder steht die lückenlose und überschneidungsfreie Zuordnung im Vordergrund, das heißt, die Inventurbereiche und -felder sind so festzulegen, dass eine exakte Abgrenzung gewährleistet ist.Beispiel für eine räumliche Zuordnung:- Inventurbereich Domplatz 3oderInventurbereich Schule XYInventurfeld DachgeschossInventurfeld Gebäudeteil YX
Bespiel für eine sachliche Zuordnung:- Inventurbereich PfarrhausInventurfeld Sakrale GegenständeInventurfeld Profane Gegenstände
- 2.2.2
- ZeitplanDer Zeitplan regelt die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Inventur. Im Zeitplan ist das Inventursystem festzulegen. Grundsätzlich werden Stichtagsinventuren durchgeführt.Eine Überprüfung des Wertansatzes ist für nicht betriebsnotwendige Grundstücke in der Regel alle 10 Jahre durchzuführen.
- 2.2.2.1
- Stichtagsinventur (§ 240 HGB)Das bedeutet nicht, dass die Inventur am Bilanzstichtag durchzuführen ist. Eine Verschiebung um bis zu 10 Tage vor oder nach dem Bilanzstichtag ist zulässig. Bestandsveränderungen zwischen dem Inventurstichtag und dem Bilanzstichtag sind zu berücksichtigen.Weiterhin sind anlassbezogene Stichtagsinventuren durchzuführen bei Trägerwechsel, Verschmelzung, Neugründung oder Abwicklung, folglich in allen Fällen, in denen ein Eigentumswechsel von Anlagevermögen vorgenommen wird.Sollten andere Inventursysteme (vor- oder nachverlegte Stichtagsinventur oder permanente Inventur) durchgeführt werden, ist dies nach Absprache mit der zentralen Inventurleitung gesondert im Inventurrahmenplan festzulegen.Neben dem Inventursystem ist im Zeitplan Beginn und Ende der Inventur festzulegen und sicherzustellen, dass während der Inventur Zu- und Abgänge ordnungsgemäß erfasst werden. Es ist festzulegen, bis wann das Inventar aufzustellen und der zentralen Inventurleitung vorzulegen ist.
- 2.2.2.2
- Permanente Inventur (§ 241 Abs. 2 HGB)Die körperliche Bestandsaufnahme kann unterbleiben, sofern durch Anwendung eines den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechenden Verfahrens sichergestellt werden kann, dass der Bestand nach Art, Menge und Wert zum Bilanzstichtag auch ohne körperliche Bestandsaufnahme festgestellt werden kann. Die permanente Inventur erfordert deshalb eine mengenmäßige Bestandsfortschreibung, d.h. die buchhalterische Erfassung sämtlicher Zu- und Abgänge sowie Wertveränderungen.
- 2.2.2.3
- Vor- oder nachverlegte Stichtagsinventur (§ 241 Abs. 3 Nr. 1 HGB)Die Bestandsaufnahme erfolgt innerhalb der letzten drei Monate vor oder innerhalb der ersten beiden Monate nach dem Bilanzstichtag. Das am Inventurstichtag zu erstellende Inventar muss auf den Bilanzstichtag fortgeschrieben oder zurückgerechnet werden.
- 2.2.3
- PersonalplanDer Personalplan regelt die Zusammensetzung der Erfassungsteams. Ein Team besteht aus mindestens zwei Personen – einem Ansager und einem Aufschreiber (4-Augen-Prinzip). Werden mehrere Teams gebildet, ist festzulegen, welches Team für welches Inventurfeld zuständig ist, damit Doppelerfassungen und Erfassungslücken ausgeschlossen werden. Eine Vertretungsregelung ist sicherzustellen.Der durch die zentrale Inventurleitung bestimmte Beauftragte bedient sich der o.a. Teams in angemessenem Umfang, um die Inventurziele zu erreichen.
3. Durchführung der Inventur
#3.1 Inventurverfahren
Die Inventurverfahren werden, nach der Art der Bestandsaufnahme, in körperliche Inventur und Buch- oder Beleginventur unterschieden.
Die jeweiligen Inventurverfahren können sowohl für Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände angewandt werden, wesentlich ist die Vorgabe durch den Inventurleiter.
- 3.1.1
- Körperliche InventurDie körperliche Inventur ist der Regelfall. Dabei sind die materiell vorhandenen Vermögensgegenstände in Augenschein zu nehmen und zu erfassen. Die Erfassungsdaten der buchmäßig vorhandenen Gegenstände werden durch die zentrale Inventurleitung zur Verfügung gestellt. Die Mengen der Vermögensgegenstände werden durch Zählen, Messen, Wiegen und Schätzen ermittelt.
- 3.1.2
- Buch- oder BeleginventurFür physisch nicht erfassbare Vermögensgegenstände, wie zum Beispiel immaterielle Vermögensgegenstände, Forderungen, Bankguthaben, Rückstellungen und Schulden wird die Buch- oder Beleginventur angewendet. Für die Erfassung können Buchbelege, Verträge, Urkunden etc. herangezogen werden. Neben den oben erfassten immateriellen Vermögensgegenständen sind auch materielle Vermögensgegenstände über eine Buch-Inventur nachzuweisen, wenn sichergestellt ist, dass diese alle in einem Anlageverfahren abgebildet werden.Für den Bereich des Sachanlagevermögens soll eine Buchinventur durchgeführt werden. Dies setzt voraus, dass eine ordnungsgemäße Anlagenbuchhaltung geführt wird, die alle Zu- und Abgänge sowie Abschreibungen zeitnah erfasst.
3.2 Umfang der Inventur
Grundsätzlich sind sämtliche Vermögensgegenstände, Rücklagen, Sonderposten und Schulden aufzunehmen, die im wirtschaftlichen Eigentum des Bilanzierenden stehen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie langfristig nutzbar sind oder nur kurzfristig zur Verfügung stehen. Unbeachtlich sind ebenfalls die sachenrechtlichen Eigentumsverhältnisse.
###3.3 Ausnahmen
Ausnahmen vom Umfang, Inhalte und Stichtagen werden durch die Hauptabteilung 6 Finanzen im Generalvikariat in gesonderten Ausführungsbestimmungen festgelegt.
###4. Aufstellung des Inventars
#4.1. Prüfung der Ergebnisse durch die zentrale Inventurleitung
Die Ergebnisse der Inventur sind der zentralen Inventurleitung zur Prüfung auf Vollständigkeit und Schlüssigkeit vorzulegen. Anschließend sind diese unverzüglich der rechnungsführenden Stelle vorzulegen.
###4.2. Übernahme in das Inventar
Von der rechnungsführenden Stelle werden die Daten in das Inventar übertragen und das Inventarverzeichnis aufgestellt. Die Aufstellung des Inventars sollte zeitnah nach Beendigung der Inventur abgeschlossen sein, da das Inventar die Grundlage zur Erstellung der Bilanz darstellt.
###4.3. Terminvorgaben und -treue
Der genaue Termin ist im Inventurrahmenplan festzulegen. Verzögerungen des Zeitplanes sind der zentralen Inventurleitung und der rechnungsführenden Stelle unverzüglich mitzuteilen.
###5. Aufbewahrung der Unterlagen
Die Aufbewahrung der Inventurunterlagen erfolgt nach § 30 HHO. Zuständig für die ordnungsmäßige Aufbewahrung aller in Ausführung dieser Inventurrichtlinie erforderlichen Unterlagen, die die Erfassung und Bewertung des Vermögens und der Schulden dokumentieren, ist die jeweilige rechnungsführende Stelle. Die Aufbewahrungsfrist beträgt 10 Jahre.
###6. Prüfung der Inventur
Die Prüfung der Inventur erfolgt im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses durch die zuständige Stelle.
###7. Inkrafttreten
Diese Inventurrichtlinie tritt nach Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn zum 01.01.2014 in Kraft.