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Offene Ganztagsschule im Primarbereich (Ganztagsgrundschule). Kooperation kirchlicher Träger. Diözesane Richtlinien

Verwaltungsverordnung vom 2. August 2005

in: KA 148 (2005) 129-131, Nr. 132

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[…] Bei Kooperationsanfragen seitens der Kommunen an kirchliche Träger im Erzbistum Paderborn zur Einrichtung von OGS sind folgende Gesichtspunkte zu beachten:
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1. Allgemeine Rahmenbedingungen

  • Runderlass „Offene Ganztagsschule im Primarbereich“ des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen (MSJK) vom 12. Februar 2003; BASS 12-63 Nr. 4.
  • Förderrichtlinie „Zuwendungen für die Durchführung außerunterrichtlicher Angebote offener Ganztagsschulen im Primarbereich“ des MSJK vom 12. Februar 2003; BASS 11-02 Nr. 19.
  • […]1#
  • Runderlass des MSJK: „Änderung von Erlassen zur Offenen Ganztagsschule im Primarbereich“ vom 2. Februar 2004 zur Änderung vorgenannter Erlasse und Förderrichtlinien.
  • Rahmenvereinbarung zwischen den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege und dem MSJK über die Zusammenarbeit an offenen Ganztagsgrundschulen.
  • Rahmenvereinbarung der (Erz-)Bistümer und Diözesan-Caritasverbände sowie der Evangelischen Landeskirchen und ihrer Diakonischen Werke in Nordrhein-Westfalen und dem MSJK über die Zusammenarbeit an Offenen Ganztagsgrundschulen. (Der Vereinbarung können weitere Gesichtspunkte und Verfahrenshinweise entnommen werden.)
(Erlasstexte, Förderrichtlinien und weitere Informationen sind im Internet abrufbar unter: www.bildungsportal.nrw.de/BP/Schule/System/Ganztagsbetreuung)
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2. Kirchliche Grundsätze

2.1
Alle Kooperationsüberlegungen zur OGS haben sich zuallererst am Kindeswohl zu orientieren. Das bedeutet: als Kooperationspartner das Kindeswohl und wo möglich die Partizipation der Kinder am Angebot im Blick zu behalten. Es darf nicht ausschließlich um die Erfüllung eines politischen Willens oder des Elternwillens gehen.
2.2
Die Familie ist und bleibt für die katholische Kirche der erste, wichtigste und beste Ort für Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern; nach dem Prinzip der Subsidiarität sind Kirche und Gesellschaft zur Bereitstellung von familienergänzenden, nicht familienersetzenden Bildungs- und Betreuungsangeboten aufgerufen; die Teilnahme an diesen Angeboten der OGS muss daher freiwillig sein.
2.3
Es soll in der offenen Ganztagsgrundschule deutlich bleiben, dass Erziehungsberechtigte eine Mitverantwortung für die Bildung ihres Kindes haben und diese nicht gänzlich auf die Schule übertragen können (Betreuungsverträge). Ebenso ist es notwendig, dass Schulen ein konzeptionell fundiertes, Erziehung unterstützendes Elternangebot vorhalten oder zumindest zu entwickeln beabsichtigen.
2.4
In einer Kooperation zwischen der kirchlichen Kinder- und Jugendhilfe und der Schule müssen die Eigenständigkeit, das Eigenprofil und die Trägerautonomie der kirchlichen Angebote gewährleistet bleiben. Nur wenn das Eigenprofil erhalten bleibt, können sich unterschiedliche Bildungssysteme zum Wohl des Kindes ergänzen.
Voraussetzung für eine solche Kooperation sind die gleichwertige Partnerschaft von kirchlicher Kinder- und Jugendhilfe und Schule sowie die freiwillige Teilnahme an der Kooperation. Im Rahmen einer solchen Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe ist die möglichst frühzeitige Einbindung des kirchlichen Kooperationspartners in die Gesamtkonzeptentwicklung anzustreben.
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3. Rahmenvorgaben für das Erzbistum Paderborn

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3.1 Kooperationspartner

Vertragspartner sind die jeweiligen Schulträger und die kirchlichen Träger. Kirchliche Träger im Sinne dieser Richtlinien können alle kirchlichen Anstellungsträger im Erzbistum Paderborn, z.B. das Erzbistum, die katholischen Kirchengemeinden, die Caritas- und Fachverbände einschließlich ihrer Mitgliedseinrichtungen oder die Jugendverbände unabhängig von ihrer Rechtsform sein. Vertragspartner kann auch ein freier Zusammenschluss freier oder kirchlicher Träger sein.
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3.2 Kooperationsumfang

Aus den unterschiedlichen Kooperationsformen, die der Erlass ermöglicht, kommen in erster Linie zeitlich begrenzte und überschaubare Einzelangebote in Betracht.
Angebote zur Übernahme einer außerunterrichtlichen Gesamtmaßnahme für eine Schule durch einen einzigen kirchlichen Träger sind nur nach sorgfältiger Prüfung annehmbar.
Die Übernahme einer „General-Trägerschaft“ der Nachmittagsbetreuung für alle Schulen eines Schulträgers kommt für kirchliche Träger im Erzbistum Paderborn grundsätzlich nicht in Betracht.
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3.3 Kooperationsziel

Die Kooperation eines kirchlichen Trägers im Rahmen der offenen Ganztagsgrundschule soll dessen Möglichkeiten zur Präsenz in der Schule und damit zu schul- und jugendpastoralen Angeboten verbessern.
Die inhaltliche Verantwortung für das kirchliche Kooperationsangebot liegt ausschließlich beim kirchlichen Träger. Dabei ist sicherzustellen, dass bei einer solchen Kooperation die Qualitätsstandards und Mindestanforderungen vorhandener kirchlicher Angebote gewährleistet bleiben und weiterentwickelt werden können.
Bisherige bewährte Kooperationen (etwa mit Bekenntnisschulen) sind vorrangig in Betracht zu ziehen.
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3.4 Einbeziehung bestehender Angebote

Es ist zu überprüfen, inwieweit der für die OGS erhobene Bedarf durch bereits bestehende Angebote der kirchlichen Kinder- und Jugendhilfe abgedeckt werden kann. Dies ist notwendig, damit durch den Einstieg in eine Kooperation mit der Schule die bestehenden Einrichtungen nicht gefährdet werden. Gleichzeitig ermöglicht eine solche Vorgehensweise die Berücksichtigung der Wahlfreiheit der Eltern (zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger und hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe) gemäß § 5 SGB VIII.
Es ist anzustreben, dass bisherige kirchliche Nachmittagsangebote (insbesondere Sakramentenkatechese und Messdienerarbeit) weiterhin zugänglich bleiben. Ist dies nicht der Fall, sollte überprüft werden, inwieweit die bisherigen Angebote direkt oder indirekt in die offene Ganztagsgrundschule integriert werden können (beispielsweise durch die Teilnahme von Kindern der offenen Ganztagsgrundschule an bestehenden katholischen Nachmittagsangeboten).
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3.5 Personalfragen

Der kirchliche Träger hat sorgfältig zu prüfen, wie ein Engagement in der OGS personell und finanziell zu bewältigen ist. Keinesfalls darf es zu einer Ausweitung der Personal- und Sachkosten für kirchliche Träger kommen. Es ist anzustreben, dass im Kooperationsvertrag seitens der Kommune das Risiko des kirchlichen Trägers durch möglichst weitgehende schriftliche Vereinbarungen reduziert wird.
Grundlage für die Beschäftigung von Fachkräften ist § 72 SGB VIII. Dies schließt die Einstellung von Fachkräften aus anderen Bereichen, insbesondere aus Kultur und Sport, nicht aus. Für die Durchführung der Angebote aus diesen anderen Bereichen kommen in der Regel Personen in Betracht, die gemäß dem Erlass MSJK „Offene Ganztagsschule im Primarbereich“ vom 12. Februar 2003 qualifiziert und geeignet sind. Für die Durchführung der Angebote der kirchlichen Träger kommen auch Personen in Betracht, die beim Träger bereits tätig sind und entsprechend § 72 SGB VIII oder nach den eigenen Bestimmungen der kirchlichen Träger persönlich und fachlich qualifiziert und geeignet sind.
Die Arbeitszeit der Kräfte ist durch den Schulträger zu vergüten. Hierbei sind die entsprechenden Zahlungen an den kirchlichen Träger des Angebotes und nicht an das Personal zu leisten.
Die kirchlichen Träger sorgen beim Einsatz ihres Personals für Kontinuität. Ist das Personal verhindert (Krankheit o.ä.) und kann das außerunterrichtliche Angebot nicht durchführen, ist die Schule rechtzeitig zu unterrichten. Grundsätzlich ist der kirchliche Träger verpflichtet, Ersatz zu stellen.
Die Vorhaltung eines Angebotes in den Ferien ist detailliert zu regeln. Auch hier sollte der kirchliche Träger auf bestehende Angebote zur Bedarfsdeckung hinweisen. Übernimmt ein kirchlicher Träger außerhalb seiner Kooperationsvereinbarungen ein Angebot im Rahmen eines Ferienprogramms, ist die Möglichkeit einer Mitfinanzierung des Programms durch den Elternbeitrag zu bedenken, wenn der Schulträger auch für den Ferienzeitraum einen Elternbeitrag erhoben hat.
Die Angebote der kirchlichen Träger gelten als schulische Veranstaltungen. Fragen des Versicherungsschutzes sind in den unter Ziffer 1 genannten Erlassen und Rahmenvereinbarungen, insbesondere im Erlass MSJK vom 12. Februar 2003, grundsätzlich geregelt; dies entbindet die Beteiligten jedoch nicht von ihrer Verpflichtung zur sorgfältigen Einzelfallprüfung. Im Zweifelsfall ist mit dem Erzbischöflichen Generalvikariat, Hauptabteilung Personal, Rücksprache zu nehmen.
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3.6 Raumfragen

Die Durchführung eines kirchlichen Angebots kann – wenn möglich – in geeigneten Räumen des kirchlichen Trägers geschehen, um auf diesem Wege eine Heranführung der Kinder an Inhalte und Örtlichkeiten der katholischen Kirche zu ermöglichen. Bei der Nutzung der kirchlichen Räumlichkeiten ist im Rahmen der Kooperationsvereinbarungen mit dem Schulträger zu klären, inwieweit diese Räume für das entsprechende Angebot vom Schulträger angemietet werden müssen, da es sich auch bei den außerunterrichtlichen Veranstaltungen der OGS um Schulangebote handelt.
Falls die Angebote nicht in den Räumen des kirchlichen Trägers durchgeführt werden können, müssen die Räumlichkeiten kostenlos durch den Schulträger bereitgestellt werden.
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3.7 Sachliche Ausstattung

Bei der sachlichen Ausgestaltung des kirchlichen Angebotes ist darauf hinzuwirken, dass alle Materialien vom Schulträger kostenlos zu stellen sind. Über Einzelheiten entscheidet die katholische Seite im Einvernehmen mit der Schulleitung.
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3.8 Weitere Kooperationspartner

Es ist weiterhin zu überprüfen, mit welchen weiteren Organisationen und Einrichtungen der Schulträger im Rahmen der OGS kooperieren will. Eine Kooperation ist für katholische Einrichtungen im Erzbistum Paderborn grundsätzlich nur dann denkbar, wenn dies mit dem eigenen Profil uneingeschränkt vereinbar ist.
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4. Beratung und Koordination

Kooperationsanfragen von Seiten des Schulträgers oder der Schule an kirchliche Träger im Sinne der Ziffer 3.1 sind auf der Basis vorhandener regionaler Konzeptionen und Strukturen zu analysieren und abzustimmen. In diesem Zusammenhang sind enge Beratung und Abstimmung vor Ort, insbesondere mit den Leitern der Pastoralverbünde, erforderlich.
Zur Unterstützung dieser Prozesse und als regionale Informations- und Beratungsstelle stehen zukünftig die Referent(inn)en für katholische Jugendarbeit auf Dekanatsebene orts- und zeitnah als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung.
Die verwaltungstechnische Abwicklung erfolgt über die Gemeinde- bzw. die Caritasverbände.
Informationen aus den regionalen Zusammenhängen von übergeordnetem Interesse sowie weiter gehende Fragen und Problemstellungen werden durch die Referentinnen und Referenten an die OGS-Kontaktgruppe auf Bistumsebene weitergeleitet.
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5. Genehmigungsvorbehalte und Informationspflichten

5.1
Kooperationsvereinbarungen mit Trägern aus dem Bereich der verfassten Kirche (insbesondere Gemeindeverbände Katholischer Kirchengemeinden oder Kirchengemeinden), die lediglich zeitlich begrenzte und überschaubare Einzelangebote zum Gegenstand haben (vgl. Ziffer 3.2), sind dem Erzbischöflichen Generalvikariat zum Zwecke der Information anzuzeigen.
Darüber hinausgehende Kooperationsvereinbarungen bedürfen der kirchenaufsichtlichen Genehmigung durch das Erzbischöfliche Generalvikariat. Die entsprechenden Unterlagen sind vor Abschluss der Vereinbarungen über die Gemeindeverbände Katholischer Kirchengemeinden zur Genehmigung einzureichen.
5.2
Kooperationsvereinbarungen mit kirchlichen Trägern aus dem Bereich der Caritasverbände sowie der Fachverbände sind dem Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V. zum Zwecke der Information anzuzeigen. Eine Information soll zugleich an die Referent(inn)en für katholische Jugendarbeit auf Dekanatsebene (vgl. Ziffer 4) ergehen.
5.3
Sonstige Bestimmungen und Genehmigungsvorbehalte, insbesondere nach
  • Art. 7 der Geschäftsanweisung für die Verwaltung des Vermögens in den Kirchengemeinden und Gemeindeverbänden des nordrhein-westfälischen und des hessischen Anteils der Erzdiözese Paderborn vom 31.03.2003 (KA 2003, Nr. 792#),
  • § 16 des Kirchenvermögensverwaltungsgesetzes für den im Land Niedersachsen gelegenen Anteil des Erzbistums Paderborn (KVVG) vom 10.12.1987, zuletzt geändert durch 5. Änderungsgesetz vom 01.02.2005 (KA 2005, Nr. 423#),
  • den Satzungsbestimmungen der Kreis-, Stadt- und Ortscaritasverbände sowie des Caritasverbandes für das Erzbistum Paderborn e.V. in ihrer jeweils gültigen Fassung oder den Satzungsbestimmungen sonstiger kirchlicher Maßnahmenträger in ihrer jeweils gültigen Fassung bleiben hiervon unberührt.
    Der kirchliche Träger hat hier insbesondere zu prüfen, ob ein abzuschließender Arbeitsvertrag oder eine Honorarvereinbarung im Einzelfall der (kirchenaufsichtlichen) Genehmigung bedarf.
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6. Inkrafttreten

Die „Diözesanen Richtlinien zur Kooperation kirchlicher Träger im Bereich der Offenen Ganztagsschule im Primarbereich (Ganztagsgrundschule)“ treten mit Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn in Kraft.
Gleichzeitig treten die „Vorläufigen Richtlinien zur Kooperation kirchlicher Träger im Bereich der Offenen Ganztagsschule im Primarbereich (Ganztagsgrundschule)“ vom 5. Mai 2004 (KA 2004, Nr. 75) außer Kraft.

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1 ↑ [Die Förderrichtlinie Zuwendungen für Investitionen und Ausstattungen in offenen Ganztagsschulen im Primarbereich des MSJK vom 12. Mai 2003 (BASS 11-2 Nr. 20) ist seit dem 31. Dezember 2008 wirkungslos. – Zu berücksichtigen ist ferner der Runderlass Gebundene und offene Ganztagsgrundschulen sowie außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote im Primarbereich und Sekundarstufe I des MSW vom 23. Dezember 2010 (BASS 12-63 Nr. 2).]
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2 ↑ [Abgedruckt: D.3.24.]
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3 ↑ [Abgedruckt: D.3.41.]