.
Kapitalanlagen der Gemeindeverbände, der Kirchengemeinden und der in den Kirchengemeinden bestehenden Rechtsträger, die durch den Kirchenvorstand vertreten werden. Richtlinie
Verwaltungsverordnung vom 23. Februar 2021
in KA 164 (2021) 56-58, Nr. 41
####I. Vermögensbegriff
Das Gesamtvermögen eines jeden Rechtsträgers (z.B. Kirchengemeinde, Pastorat, Gemeindeverband) umfasst zum einen das Kapitalvermögen, welches durch Kontensalden und marktbasierte Wertpapierbewertungen bestimmt ist, sowie zum anderen die Sachanlagen des jeweiligen Rechtsträgers. Der Wert von Sachanlagen bestimmt sich aus ihrem Bilanzwert des letzten vorliegenden Jahresabschlusses.
####II. Zielsetzung und Zuordnung der Vermögensverwaltung
Bei der Verwaltung des Gesamtvermögens müssen die Liquiditätsinteressen, die Sicherheitsinteressen und die Ertragskraft gegeneinander abgewogen werden.
Bei den Kapitalanlagen sind die ethischen und moralischen Normen der katholischen Kirche zu beachten. Die Zweckbindungen sind einzuhalten. Bestehende Konten, Wertpapiere und Depots müssen auf den vollen Namen des Rechtsträgers, ggf. unter Angabe der Vermögensmasse, zu welcher das Kapital gehört, und der Zweckbindung (z.B. Sozialfonds) lauten.
In der Regel wird hinsichtlich des Zwecks der angelegten Mittel zwischen „Betriebsvermögen“ und „Substanzvermögen“ unterschieden.
####III. Betriebsvermögen
- Das Betriebsvermögen dient der Führung des täglichen Geschäftsbetriebes (kurzfristige Anlage mit einer Laufzeit bis maximal 2 Jahre). Mittel, die der allgemeinen Rücklage bzw. der Trägerrücklage oder gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen von Kindertagesstätten zuzurechnen sind, sind Teil des Betriebsvermögens. In der Bilanz werden diese Anlagen als „Umlaufvermögen“ klassifiziert.
- Es darf nur in folgende Anlageformen investiert werden:
- Geldanlagen in EUR (Einlagen, Termingelder, Tagesgeldkonten, Sparbücher mit einer Laufzeit bzw. Kündigungsfrist unter 2 Jahren), die auf Konten von Banken, öffentlich-rechtlichen und anderen Kreditinstituten unterhalten werden, soweit die Institute Mitglied einer Einlagensicherungseinrichtung sind oder Geldanlagen durch ein deutsches Einlagensicherungssystem ohne Betragsbegrenzung wie z.B. bei Genossenschaftsbanken gesichert sind. Ist die Einlagensicherung betragsmäßig begrenzt, darf die Summe der Forderungen der anlegenden Körperschaft gegenüber dem jeweiligen Kreditinstitut den abgesicherten Anlagebetrag nicht überschreiten.
- Eine Anlage in auf EUR lautende Geldmarktfonds ist zulässig. Die Fonds müssen ordentliche Erträge mindestens jährlich ausschütten. Das Rating des Geldmarktfonds muss im Bereich höchster Bonität (AAA durch Standard & Poors) liegen.
IV. Substanzvermögen
- Das Substanzvermögen wird i.d.R. mittel- bis langfristig mit der Zielsetzung des langfristigen Vermögenserhalts angelegt. Es handelt sich meistens um Stiftungen, Zuwendungen oder Fondsvermögen. In der Bilanz wird das Substanzvermögen unter „Anlagevermögen“ dargestellt.
- Langfristig anzulegende Rücklagen und Vermögensmassen, die dem Grunde nach Betriebsvermögen sind, können mit Zustimmung des Erzbischöflichen Generalvikariates dauerhaft teilweise dem Substanzvermögen zugeordnet werden; in diesem Fall sind sie als Teil des Anlagevermögens zu bilanzieren. Ebenso können freie Kollektenmittel, die nicht bereits für konkrete Verwendungen reserviert sind und mittelfristig nicht benötigt werden, dem Substanzvermögen zugeordnet werden.
- Bei der Anlage des Substanzvermögens ist auf eine ausreichende Diversifikation, d.h. Mischung und Streuung der einzelnen Objekte, Anlageklassen, Einzeltitel und deren Aussteller, zu achten.
- Das Substanzvermögen ist unter Berücksichtigung der Gesamtvermögenssituation des Rechtsträgers in folgenden Anlageformen anzulegen:
- Geldanlagen (Einlagen, Termingelder, Tagesgeldkonten, Sparbücher) dürfen nur auf Konten von Banken, öffentlich-rechtlichen und anderen Kreditinstituten unterhalten werden, soweit die Institute Mitglied einer anerkannten Einlagensicherungseinrichtung sind oder die Geldanlagen durch ein deutsches Einlagensicherungssystem ohne Betragsbegrenzung gesichert sind. Eine ausreichende Streuung der schuldnerspezifischen und liquiditätsbezogenen Risiken der Geldanlagen ist sicherzustellen. Die Geldanlagen sind in EUR zu tätigen.
- Eine Geldanlage in auf EUR lautende Geldmarktfonds ist zulässig. Die Fonds müssen die ordentlichen Erträge mindestens jährlich ausschütten. Das Rating des Geldmarktfonds muss im Bereich hoher Bonität (mindestens A durch Standard & Poors) liegen.
- Verzinsliche Wertpapiere (Renten und Pfandbriefe) können direkt erworben werden, wenn diese als Inhaber-Schuldverschreibung oder als Sparbrief ausgestellt werden. Kreditrisiken sind bei allen Kapitalanlagen zu beachten. Kapitalanlagen im Direktbestand müssen ein Mindestrating von AA – von Standard & Poors und/oder Aa von Moody’s aufweisen. Die Wertpapiere müssen in EUR nominiert sein.
- Strukturierte Wertpapiere dürfen nicht erworben werden, da diese Anlagen Optionen und andere Formen von Termingeschäften beinhalten und damit typischerweise keine reguläre Zins- und Tilgungsvereinbarung haben. Unter strukturierten Wertpapieren sind auch Wertpapiere wie z.B. ABS (Asset-Backed Securities), MBS (Mortgage-Backed Securities), CDO (Collateralized Debt Obligations) etc. zu verstehen.
- Aktien, Kommanditanteile, Zertifikate, nachrangige Wertpapiere und Genussrechte dürfen nicht direkt erworben werden. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung des Erzbischöflichen Generalvikariates. Genossenschaftsanteile an kirchlichen Banken sind hiervon ausgenommen. Diese Beschränkung gilt nicht, wenn das Vermögen im Rahmen eines Investmentfonds oder einer Vermögensverwaltung durch einen anerkannten Finanzdienstleister verwaltet wird.
- Fondsanlagen (indirekte Anlagen) im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB), d.h. OGAW (Organismus für gemeinsame Anlage in Wertpapieren) und offene Publikums-AIF (AIF = alternative Investmentfonds) außer Dach-Hedgefonds, dürfen erworben werden.
- Dach-Hedgefonds, offene Spezial-AIF und geschlossene AIF sowie Fonds, die ihre Anlageobjekte unter Aufnahme von Fremdkapital erwerben (Leverage), dürfen nicht erworben werden.
- Die Qualität der Fondsanlage ist vor Kauf und während der Haltedauer regelmäßig zu prüfen. Bei der Prüfung der Qualität ist die vergangene Ertragsentwicklung des Fonds relativ zu einer angemessenen Vergleichsgruppe maßgeblich und ein Fondsrating hinzuzuziehen. Alternativ kann eine Bankexpertise oder die schriftliche Einschätzung eines renommierten Finanzdienstleistungsunternehmens zur Prüfung herangezogen werden.
- Der den wesentlichen Anlegerinformationen (wAI) der jeweiligen Fondsanlage zu entnehmende gesetzlich vorgeschriebene Risikoindikator darf bei Rentenfonds einen Wert von 3, bei Mischfonds einen Wert von 4 und bei Aktienfonds einen Wert von 6 nicht überschreiten.
- Derivative Instrumente sind im Freiverkehr und an der Börse gehandelte, feste Termingeschäfte und Optionen, bezogen auf unterschiedliche Basiswerte. Derivative Instrumente dürfen nicht direkt erworben werden. Derivative Instrumente in Fondsanlagen sind zulässig.
- Darlehen sind als Form der Kapitalanlage nur als genehmigungspflichtige Ausnahme zugelassen. Dies gilt in gleicher Weise für interne Darlehen zwischen kirchlichen Rechtsträgern.
- Bei der Anlage des Substanzvermögens sind unter Berücksichtigung der Gesamtvermögenssituation des Rechtsträgers folgende Anlagegrenzen und -grundsätze zu beachten:
- Die Basiswährung des Vermögens ist der EUR. Effektive Fremdwährungsanlagen sind auf maximal 10% des Gesamtvermögens beschränkt. Zur Bestimmung der effektiven Fremdwährungsanlagen sind alle Anlagen und die Einflüsse aus derivativen Positionen des Vermögens zu berücksichtigen.
- Effektive Aktienanlagen sind auf maximal 15% des Gesamtvermögens beschränkt. Zur Bestimmung der effektiven Aktienanlagen sind alle Anlagen und die Einflüsse aus derivativen Positionen des Vermögens zu berücksichtigen. Aktienanlagen sind international zu streuen, und es ist auf eine hohe Diversifikation der Einzeltitel zu achten.
- Die Anlage in Immobiliensondervermögen (internationale Immobilienfonds, die außerhalb der Eurozone investieren, dürfen maximal 10% des Gesamtvermögens betragen) ist möglich. Es besteht keine Anlagehöchstgrenze. Allerdings ist auf eine ausgewogene Struktur des Gesamtvermögens zu achten, auch unter Berücksichtigung der nicht betrieblich notwendigen Sachanlagen des Rechtsträgers. Immobiliensondervermögen dürfen abweichend von der Vorgabe nach Abschnitt IV 4. g) für die Investition in Immobilien bis zu 50% Fremdkapital aufnehmen. Bei Erwerb von Immobilienfondsanteilen ist zu berücksichtigen, dass auch bei möglichen Rückgabebeschränkungen von Fondsanteilen die Zahlungsfähigkeit des anlegenden Rechtsträgers jederzeit gewährleistet ist.
- Die Kapitalanlagen haben sich generell an der Laufzeit der Verpflichtungen des Kapitalvermögens zu orientieren. Unter Verpflichtung werden die zu erwartenden Auszahlungen in Höhe und zeitlicher Folge verstanden, die gegen das Kapitalvermögen gerichtet sind. Da das Substanzkapital die Mitfinanzierung der kirchlichen Aufgaben dauerhaft und damit langfristig absichern muss, ist diese Verpflichtung bei der Anlage des Kapitalvermögens in der Planung der Restlaufzeiten zu beachten. Jederzeitige Zahlungsbereitschaft ist sicherzustellen.
- Eine durch Wertveränderungen bedingte Überschreitung der vorgenannten Quoten am Gesamtvermögen ist innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten an die entsprechende Maximalquote anzupassen.
- Die Anlage des Substanzvermögens der Kirchengemeinde ist auch innerhalb eines externen Vermögensverwaltungsmandates durch ein Kreditinstitut möglich. In diesem Fall entfällt die Beschränkung des Risikoindikators gem. Abschnitt 4. i). Werden im Rahmen eines Vermögensverwaltungsmandats die Anlagegrenzen und -grundsätze gemäß Abschnitt IV 4. i) und Abschnitt IV 6. a) bis c) überschritten, hat der Vermögensverwalter jährlich nachzuweisen, dass das verwaltete Portfolio insgesamt dem Risikoprofil eines Mischfonds mit einem Risikoindikator gem. Abschnitt IV 4. i) von 4 oder weniger entspricht. Entsprechend sind für Anlagen in Mischfonds mit einem Risikoindikator von 4 oder weniger, die in Anlehnung an eine Vermögensverwaltung gestaltet sind, die Anlagegrundsätze nach den Absätzen 6. a) bis e) nicht anzuwenden. Die Gestaltung in Anlehnung an eine Vermögensverwaltung drückt sich durch folgende Eigenschaften aus: breite Risikostreuung in Renten, Aktien und alternative Anlageformen, langfristige Verfügbarkeit, laufende Überwachung der Aufteilung der Anlageklassen.
- Die Anforderungen gemäß der Verwaltungsverordnung über die Erteilung der kirchenaufsichtlichen Genehmigung im Zusammenhang mit Vermögensverwaltungsverträgen, zuletzt veröffentlicht im Kirchlichen Amtsblatt 2013, Stück 12, Nr. 1801#, gelten nicht für Mischfonds mit einem Risikoindikator von 4 oder weniger. Ansonsten bleiben sie unberührt.
V. Sonstiges
Nach dem Wertpapierhandelsgesetz und der Richtlinie 2004/39/E 6 des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente, kurz MiFID, werden Kirchengemeinden als „Privatanleger“ eingestuft.
####VI. Genehmigung durch das Erzbischöfliche Generalvikariat
Kapitalanlagen der Kirchengemeinden, der Rechtsträger in den Kirchengemeinden und der Gemeindeverbände bedürfen gem. Art. 7 der Geschäftsanweisung für die Verwaltung des Vermögens in den Kirchengemeinden und Gemeindeverbänden der Erzdiözese Paderborn zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der kirchlichen Aufsichtsbehörde. Die kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung gilt unabhängig von dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als erteilt, wenn die konto- oder depotführende Bank oder Kapitalanlagegesellschaft gegenüber dem Rechtsträger schriftlich bestätigt, dass die Anlageform beim Kauf der Wertpapiere dieser Richtlinie entspricht.
Der Kirchenvorstand bzw. für Gemeindeverbände kath. Kirchengemeinden die Verbandsvertretung oder der von ihr bestellte Verbandsausschuss ist gehalten, mindestens einmal jährlich die Einhaltung der Anlagegrenzen und -grundsätze zu prüfen und zu bestätigen. Diese schriftliche Bestätigung, die auch als generelle Erklärung erfolgen kann, ist dem Erzbischöflichen Generalvikariat mindestens einmal jährlich im Rahmen der Jahresrechnung vorzulegen. Diese Regelungen entbinden Kirchenvorstand und Gemeindeverband nicht von ihrer Verantwortung und Sorgfaltspflicht für das von ihnen verwaltete Vermögen.