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Frühe Bildung, Erziehung und Betreuung von Anfang an – Bildungsvereinbarung des Landes Nordrhein-Westfalen

Vereinbarung zwischen Staat und Kirche vom 30. April 2015

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Präambel

Bildung beginnt mit der Geburt und mündet in lebenslanges Lernen. Diese insbesondere auch von der Wissenschaft getragene Erkenntnis hat in erheblichem Maße dazu beigetragen, dass in den vergangenen Jahren Bedeutung und Stellenwert der frühkindlichen Bildung deutlich zugenommen haben. In der frühen Kindheit werden die Grundlagen für die weitere Entwicklung von Kindern gelegt. Wachsen Kinder in einem gesunden Umfeld auf und wird ihr soziales, physisches und psychisches Wohlbefinden gestärkt, so verbessern sich insgesamt ihre Gesundheits- und Bildungschancen. Das stufenweise überarbeitete Kinderbildungsgesetz (KiBiz) formuliert und konkretisiert neben Erziehung und Betreuung die frühkindliche Bildung als eine weitere zentrale Aufgabe der Tageseinrichtungen für Kinder und der Kindertagespflege. Den ganzheitlichen Zusammenhang dieser drei Aufgabenfelder in den Blick nehmend, verständigen sich die kommunalen Spitzenverbände, die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, die Kirchen, die beiden Landesjugendämter und die oberste Landesjugendbehörde auf der Grundlage von § 26 Abs. 3 KiBiz und in bewährter Tradition der 2003 geschlossenen Bildungsvereinbarung auf eine neue Bildungsvereinbarung.
Basis einer solchen gemeinsam getragenen Vereinbarung ist die ausdrückliche Anerkennung der Prinzipien der Trägerpluralität und der Trägerautonomie. Darauf aufbauend teilen die Vereinbarungspartner das Ziel, gemeinsame Grundlagen und inhaltliche Standards für Erziehung, Bildung und Betreuung zu vereinbaren, um so trägerübergreifend Rahmenbedingungen der pädagogischen Arbeit in den Tageseinrichtungen für Kinder zu sichern, wesentliche Themenfelder auszugestalten und so einen Beitrag zur Qualitätssicherung und konzeptionellen Weiterentwicklung der Tageseinrichtungen zu leisten.
Konzeptionelle Grundlagen dieser Bildungsvereinbarung stellen das vom Kind ausgehende und im KiBiz verankerte Bildungsverständnis sowie die „Grundsätze zur Bildungsförderung für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Kindertageseinrichtungen und Schulen im Primarbereich“ (kurz: Bildungsgrundsätze) dar, die wesentliche pädagogische Grundprinzipien frühkindlicher Bildung, wie z.B. die Anerkennung der Selbstbildungspotentiale der Kinder, die Förderung selbstbestimmter Lernprozesse und die Bedeutung des Partizipationsgedankens unterstreichen. Davon ausgehend konkretisiert diese Bildungsvereinbarung zunächst insbesondere den im KiBiz ausdrücklich hervorgehobenen Bildungsbereich der Sprachbildung und Sprachförderung. Die Vereinbarungspartner sind sich aber darüber hinaus einig, dass im weiteren Prozess auch andere Themenfelder der frühkindlichen Bildung in den Blick genommen werden sollen, um qualitative Weiterentwicklungen zu erzielen. In diesem Rahmen wird gerade die sprachliche Bildung und Förderung als ein wesentlicher Zugang betrachtet, Bildungsbenachteiligung bei Kindern abzubauen und so die Chancen für den Start in das Leben zu verbessern. Darüber hinaus hat dieser Bildungsbereich mit dem Ausbau der Betreuung für unter 3-jährige Kinder an Bedeutung zugenommen.
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I. Ziel der Vereinbarung

Ziel dieser Vereinbarung ist die Verständigung über Grundlagen und Rahmenbedingungen der pädagogischen Arbeit zur Sicherung der Qualität in Tagesseinrichtungen für Kinder und in der Kindertagespflege. Zudem sollen Perspektiven der qualitativen Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit aufgezeigt und die Handlungs- und Planungssicherheit der Vereinbarungspartner verbessert werden.
Im Einzelnen gilt dies insbesondere für:
  • die Bildungsgrundsätze (§ 13a KiBiz)
  • die alltagsintegrierte Sprachbildung und Beobachtung (§ 13c KiBiz)
  • weitergehende fachliche Diskurse und
  • Fragen der Evaluation und Weiterentwicklung der Bildungsarbeit im Elementarbereich.
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II. Bildungsgrundsätze

Das in § 13 KiBiz (Frühkindliche Bildung) beschriebene Bildungsverständnis und Bild vom Kind ist die Grundlage für die pädagogische Arbeit im Elementarbereich. Die hieran orientierten und in Übereinstimmung zwischen den Vereinbarungspartnern erarbeiteten Bildungsgrundsätze dienen den Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege zur Orientierung bei der Konzeptionsentwicklung sowie der praktischen Arbeit.
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III. Sprachliche Bildung und Förderung

Die Sprachbildung in den Tageseinrichtungen für Kinder und in der Kindertagespflege wird für alle Kinder auf der Grundlage des zwischen den Beteiligten abgestimmten Konzepts „Alltagsintegrierte Sprachbildung und Beobachtung im Elementarbereich-Grundlagen für Nordrhein-Westfalen“ (Anlage) ausgestaltet und weiter entwickelt.
Die Ausrichtung der Arbeit an diesen Grundlagen muss die hierfür zur Verfügung stehenden Ressourcen berücksichtigen und erfordert einen entsprechenden Entwicklungsprozess in allen Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass mit der Neuausrichtung der sprachlichen Bildung vorrangig die Einrichtungen Zuschüsse für zusätzliche Sprachförderung erhalten, die im Vergleich zu anderen Einrichtungen einen hohen Anteil an Kindern mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf haben und damit vor besonderen Herausforderungen stehen. Die Landesmittel sind deshalb für zusätzliche in das Team eingebundene sozialpädagogische Fachkräfte einzusetzen. Damit soll auch in diesen Einrichtungen eine in den Alltag des Kindes integrierte Sprachbildung und Beobachtung von Anfang an sichergestellt werden.
Die intensive und nachhaltige Qualifizierung aller pädagogischen Fachkräfte zu den Grundlagen der alltagsintegrierten Sprachbildung sowie zu den ausgewählten entwicklungs- und prozessbegleitenden Beobachtungsverfahren ist eine wichtige Bedingung für einen erfolgreichen Bildungsprozess. Für die Qualifizierung der Teams in den Einrichtungen werden die zertifizierten Multiplikatoren/Multiplikatorinnen eingesetzt. Bei den mit der Einführung des neuen Konzepts erforderlich werdenden Teamfortbildungen werden die Träger vom Land finanziell unterstützt. Einzelheiten hierzu werden in einer Fort- und Weiterbildungsvereinbarung gem. § 26 Abs. 3 Kibiz geregelt.
Für die regelmäßige Überprüfung und Weiterentwicklung der verbindlich festgelegten Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren (in Richtung der Anschlussfähigkeit an das wahrnehmende Beobachten von Bildungsprozessen) sowie gegebenenfalls für die Erweiterung der ausgewählten Beobachtungsverfahren wird ein Beirat eingerichtet. Dem Beirat gehören jeweils eine Vertreterin/ein Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Kirchen und der beiden Landesjugendämter an. Die Federführung des Beirats liegt bei der Landesregierung. Bei Bedarf wird externer wissenschaftlicher Rat einbezogen. Der Beirat wird bei Bedarf auf Initiative eines oder mehrerer Mitglieder des Beirats einberufen. Vorschläge des Beirats unterliegen der abschließenden Entscheidung der Vereinbarungspartner.
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IV. Fachliche Diskurse und Grundlagen

Die Vereinbarungspartner verabreden – unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse – fachliche Diskurse zu gemeinsam definierten Themenbereichen zu führen und bei entsprechenden Ergebnissen weitere gemeinsame fachliche Grundlagen zu vereinbaren.
So sind Beobachtung und Dokumentation wesentliches Element zur Professionalisierung der pädagogischen Arbeit. Deshalb soll der Diskurs mit diesem Themenbereich beginnen und dabei die Vielzahl und unterschiedliche Qualität der in der Praxis angewandten Instrumente in den Blick nehmen. Ziel sollte sein, sich unter Einbeziehung von Wissenschaft auf geeignete Verfahren zu verständigen und darüber hinaus isoliert nebeneinander angewandte Verfahren für einzelne Bildungsbereiche weiterzuentwickeln und entweder miteinander zu verknüpfen oder in ein gemeinsames Verfahren für alle Bildungsbereiche zu integrieren.
Bei Bedarf kann in diesem Prozess der unter Punkt III genannte Beirat einberufen werden. Vorschläge des Beirats unterliegen auch hier der abschließenden Entscheidung der Vereinbarungspartner.
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V. Qualifizierung

Die Qualifikation des Personals ist ein entscheidender Faktor für die Qualität der pädagogischen Arbeit. Die Vertragspartner streben an, sich auf ein an Qualitätskriterien ausgerichtetes Qualifizierungskonzept zu verständigen. Die Einzelheiten sollen in einer Fortbildungsvereinbarung geregelt werden, mit der auch Fragen der Umsetzung und Beteiligung geregelt werden sollen.
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VI. Evaluation und Weiterentwicklung

Die Vereinbarungspartner verständigen sich darauf, unter Bezugnahme auf die §§ 11 und 28 des Kinderbildungsgesetzes einen Evaluationsprozess zu beginnen und hieran mitzuwirken. Dabei entspricht es den gemeinsam getragenen Zielsetzungen dieser Vereinbarung, dass auch der Evaluationsprozess in einem gemeinsamen Verständnis ausgestaltet und durchgeführt wird. Von Interesse sind dabei neben der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben und der damit einhergehenden Wirk- und Steuerungsmechanismen vor allem ein im Wesentlichen auf KiBiz.web gestütztes Monitoring sowie eine Evaluation, die Hinweise zur Prozessqualität und zur Wirkung der pädagogischen Arbeit in Kindertageseinrichtungen gibt. Einzubeziehen sind die in der Vereinbarung beschriebenen Inhalte und Prinzipien der sprachlichen Bildung und Förderung. Dabei hat der Evaluationsprozess die Wechselwirkungen zwischen Bildungsprozessen und ihrer Qualität, den angestrebten Wirkungen und den zur Verfügung stehenden Rahmenbedingungen sowie auch den zur Verfügung gestellten zusätzlichen Ressourcen in den Blick zu nehmen, um so einen Beitrag zur qualifizierten Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit und ihrer Rahmenbedingungen zu leisten.